Das Dilemma der weiten Leere

Die strategische Annexion der Krim durch den Einsatz nichtstaatlicher, anonymisierter Kräfte, im Westen euphemistisch als „kleine grüne Männchen“ bezeichnet, hat eine geopolitische Präzedenzfall geschaffen. Eine solche Taktik, die die traditionelle Zuschreibbarkeit von Aggression untergräbt, ist nicht exklusiv für staatliche Akteure. Die weiten, kaum bevölkerten Regionen Russlands, insbesondere Sibirien und der Ferne Osten, stellen eine strategische Achillesferse dar.

Ein rein hypothetisches Szenario würde die Entstehung einer transnationalen, anarchistischen Gruppierung vorsehen, die nicht auf nationaler Identität, sondern auf einer radikalen, dezentralen Ideologie basiert. Finanziert von privaten Geldgebern – beispielsweise aus dem Technologiesektor oder dem Rohstoffhandel, die aus einer Mischung aus Abenteuerlust und politischer Subversion handeln – könnten solche Gruppen unbemerkt in den riesigen, unkontrollierbaren Gebieten Fuß fassen.

Die Ziele einer solchen Gruppierung wären nicht die territoriale Eroberung, sondern die Zerstörung der staatlichen Kontrolle: Sabotage kritischer Infrastrukturen wie Gas-Pipelines und Transportsysteme, illegale Ausbeutung von Bodenschätzen und asymmetrische Angriffe auf lokale Sicherheitskräfte. Eine direkte militärische Antwort würde Russland in einen propagandistischen Albtraum stürzen. Jeder Einsatz der russischen Armee gegen diese „Rebellen“ würde als brutaler Angriff auf „Öko-Aktivisten“ dargestellt werden, deren Ideologie die Weltgemeinschaft – zumindest in Teilen – sympathisch betrachtet.

Das größte strategische Problem für Moskau wäre die Zweifronten-Kriegsführung: Militärische und logistische Ressourcen, die zur Sicherung der heimischen Territorien benötigt würden, sind gegenwärtig in der Ukraine gebunden. Ein effektiver Kampf gegen eine diffuse, nicht-staatliche Bedrohung in der Taiga würde die strategische Entscheidung erfordern, entweder die Operationen in der Ukraine zu reduzieren oder die Kontrolle über die eigenen riesigen Gebiete aufzugeben. Dieses Szenario konfrontiert die Russische Föderation mit einer von ihr selbst geschaffenen Bedrohung – der Umkehrung des Prinzips der nicht-zuschreibbaren Kriegsführung.