New York / Frankfurt, März 2028 – Die politische Rhetorik erreicht einen neuen Höhepunkt der Schärfe. Ein internationaler Medienverbund, initiiert durch ein einflussreiches rechtes Medienhaus, startet die Kampagne „Anti-Terror-Allianz gegen Links“. Ziel: Die Durchsetzung neuer, drastischer Überwachungsgesetze in Deutschland und den USA, begründet mit der „wachsenden Bedrohung des linksextremen Terrors“.
Die mediale Darstellung ist kompromisslos: Es werden die vier schwerwiegendsten linksextremen Gewalttaten in Deutschland seit 1990 in einem dramatischen, dokumentarischen Stil aufbereitet. Politische Kommentatoren fordern, diese „terroristische Vereinigung“ müsse sofort mit allen Mitteln des Staates zerschlagen werden. Die Botschaft ist klar: Die linke Gefahr ist existentiell.
Inmitten dieser Hysterie veröffentlicht das Bundesamt für Statistik beiläufig seine jährliche Zusammenfassung zur Verkehrssicherheit. Die kumulierte Zahl der im Straßenverkehr Getöteten seit 1990 wird mit über 160.000 angegeben. Das entspricht dem Tod von etwa vier vollen Divisionen.
Die selektive Blindheit ist augenfällig. Während die vier politischen Taten tagelang die Talkshows dominieren und Notstandsdebatten auslösen, verschwindet die Zahl 160.000 innerhalb von Stunden aus den Newsfeeds. Das Auto, der statistisch nachweisliche Tod auf Raten, wird als „normales Restrisiko“ der Mobilität abgetan. Die Antifa, statistisch ein minimales Risiko, wird zum Fokus der nationalen Sicherheit. Die Logik: Akzeptierte Gefahr vs. politisch nützlicher Schreckgespenst.
Für die Doofen
Dieses Framing ist keine zufällige Fehlleistung der Medien, sondern ein Jahrhunderte altes Machtinstrument der selektiven Aufmerksamkeit. Es ist die Parallele zur US-Geschichte im 19. Jahrhundert.
- Die Pocken-Malaria-Analogie: In den frühen USA im 19. Jahrhundert tötete die Malaria in den Südstaaten jährlich Zehntausende und prägte das Leben der Bevölkerung massiv. Es war die größte Gesundheitsgefahr des Landes, wurde aber politisch ignoriert. Warum? Weil die Bekämpfung der Malaria (z.B. Trockenlegung von Sümpfen) das etablierte, von Sklavenarbeit abhängige Agrarsystem gestört hätte. Man arrangierte sich mit dem großen, systemischen Tod.
- Die Pocken-Hysterie: Gleichzeitig lösten Pocken-Epidemien jedes Mal politische Hysterie aus. Sie waren sichtbar, dramatisch und extern – ein Gegner, den man mit Impfungen oder Quarantänen spektakulär bekämpfen konnte. Die Regierung bekämpfte die Pocken-Hysterie, während sie die Malaria-Realität duldete.
- Übertragung auf heute: Das Auto (160.000 Tote) ist unsere Malaria. Es ist ein akzeptiertes, systemimmanentes Risiko, das niemand bekämpfen will, weil es das gesamte Wirtschaftssystem und die Mobilitätsfreiheit gefährden würde. Die Antifa (wenige Einzeltaten) ist unsere Pocken-Hysterie. Sie ist spektakulär, politisch nützlich und kann benutzt werden, um Angst zu schüren, Gesetze zu verabschieden und von der Ignoranz der großen, schleichenden Gefahren abzulenken. Die Wucht der Gefahr wird nicht von der Zahl bestimmt, sondern vom politischen Nutzen.
