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BayPAG

Die Landtagswahl ist vorüber. Der Wähler hat einen Landtag gewählt, der wohl das bayerische Polizeigesetz in Kraft lassen wird. Das ist eine Katastrophe, da ich dieses Gesetz für ein verfassungsfeindliches und sehr schlechtes Gesetz halte, das weiterhin in Kraft bleiben wird, wenn nichts geschieht. Ich habe nun keinen Juristen gefunden, der mir kurzerhand ein neues Gesetz entwirft. Ich halte das aber nicht für unmöglich. Ein Gesetz ist für die Bürger da und sollte im Sinne der Normenklarheit auch vom Bürger verstanden werden können. In diesem Sinne entwerfe ich hier jetzt ein Polizeiaufgabengesetz aus Bürgersicht. Wie ich mir ein solches Vorfeldgesetz vorstellen würde. Es gilt zu beachten, dass das Polizeiaufgabengesetz nicht für Straftaten zuständig ist, da gilt bei Vorliegen einer Beschuldigung die Strafprozessordnung und es gibt auch weitere Gesetze bei denen die Polizei durchaus tätig wird. Es werden in diesem Gesetz also Aufgaben geregelt, die im Grenzbereich zwischen Schuld und Unschuld liegen, aber generell eigentlich immer nur auf Unschuldige anzuwenden sind. Bei einer Beschuldigung greifen andere Gesetze und die Polizei kann sehr wohl tätig werden. Die Polizei braucht aber in diesem Grenzbereich zwischen Unschuld und Beschuldigung sehr wohl ein verständliches Gesetz und auch der Bürger muss wissen, woran er ist. Als juristischer Laie mag der Entwurf nicht perfekt sein, aber es ist ein Diskussionsbeitrag zu einem besseren Polizeiaufgabengesetz.

Erster Abschnitt
Aufgaben und allgemeine Vorschriften

§ 1
Begriff der Polizei

Polizei im Sinne dieses Gesetzes sind die im Vollzugsdienst tätigen Dienstkräfte der Polizei des Freistaates Bayern.

§ 2
Aufgaben der Polizei

(1) Die Polizei hat die Aufgabe, die Freiheit und Sicherheit der Bürger zu gewährleisten und konkrete Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Sie hat im Rahmen dieser Aufgabe auch für die Verfolgung von Straftaten vorzusorgen und Straftaten zu verhüten (vorbeugende Bekämpfung von Straftaten) sowie Vorbereitungen zu treffen, um künftige Gefahren abwehren zu können (Vorbereitung auf die Gefahrenabwehr).

(2) Der Schutz privater Rechte obliegt der Polizei nach diesem Gesetz nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

(3) Die Polizei leistet anderen Behörden Vollzugshilfe.

(4) Die Polizei hat ferner die Aufgaben zu erfüllen, die ihr durch andere Rechtsvorschriften übertragen sind.

§ 3
Verhältnis zu anderen Behörden

Die Polizei wird außer in den Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 2 nur tätig, soweit die Abwehr der Gefahr durch eine andere Behörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint. Sie unterrichtet die anderen Behörden unverzüglich von allen Vorgängen, deren Kenntnis für die Aufgabenerfüllung der anderen Behörden bedeutsam erscheint.

§ 4
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

§ 5
Ermessen, Wahl der Mittel

(1) Die Polizei trifft ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Kommen zur Abwehr einer konkreten Gefahr mehrere Mittel in Betracht, so genügt es, wenn eines davon bestimmt wird. Den Betroffenen ist auf Antrag zu gestatten, ein anderes ebenso wirksames Mittel anzuwenden, sofern die Allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt wird.

§ 6
Ausweispflicht des Polizeibeamten

(1) Auf Verlangen des von einer Maßnahme Betroffenen, bei Dienstausübung in Zivilkleidung grundsätzlich unaufgefordert, hat der Polizeibeamte sich auszuweisen, soweit der Zweck der Maßnahme dadurch nicht beeinträchtigt wird. Das Nähere wird durch Dienstvorschrift geregelt.

(2) Ist aufgrund der Art des Einsatzes nicht möglich sich auszuweisen, hat der Polizeibeamte eine sichtbare Kennzeichnung in Form eines Namensschildes oder einer Kennziffer zu tragen.

§ 7
Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen

(1) Verursacht eine Person eine konkrete Gefahr, so sind die Maßnahmen gegen sie zu richten.

(2) Ist die Person noch nicht 14 Jahre alt, unter Betreuung oder unter vorläufige Betreuung gestellt, können Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die zur Aufsicht über sie verpflichtet ist.

(3) Verursacht eine Person, die zu einer Verrichtung bestellt ist, die Gefahr in Ausführung der Verrichtung, so können Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die die andere zu der Verrichtung bestellt hat.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, soweit andere Bestimmungen dieses Gesetzes oder andere Rechtsvorschriften regeln, gegen wen eine Maßnahme zu richten ist.

§ 8
Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen oder das Verhalten von Tieren

(1) Geht von einer Sache oder einem Tier eine Gefahr aus, so sind die Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten, soweit die jeweilige Situation nicht ein anderes Vorgehen erfordert.

(2) Maßnahmen können auch gegen den Eigentümer oder einen anderen Berechtigten gerichtet werden. Dies gilt nicht, wenn der Inhaber der tatsächlichen Gewalt diese ohne den Willen des Eigentümers oder Berechtigten ausübt.

(3) Geht die Gefahr von einer herrenlosen Sache oder einem herrenlosen Tier aus, so können die Maßnahmen gegen denjenigen gerichtet werden, der das Eigentum an der Sache oder dem Tier aufgegeben hat.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, soweit andere Bestimmungen dieses Gesetzes oder andere Rechtsvorschriften regeln, gegen wen eine Maßnahme zu richten ist.

§ 9
Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme

Die Polizei kann eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten unmittelbar ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der nach den §§ 7 oder 8 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Der von der Maßnahme Betroffene ist unverzüglich zu unterrichten.

§ 10
Inanspruchnahme nichtverantwortlicher Personen

(1) Die Polizei kann Maßnahmen gegen andere Personen als die nach den §§ 7 oder 8 Verantwortlichen richten, wenn

1. die Freiheit und Grundrechte der Bürger gefährdet sind,
2. Maßnahmen gegen die nach den §§ 7 oder 8 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen,
3. die Polizei die Freiheit und Sicherheit der Bürger nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und
4. die Personen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können.

(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur aufrechterhalten werden, solange die Abwehr einer Gefahr nicht auf andere Weise möglich ist.

(3) Die Absätze 1 bis 2 sind nicht anzuwenden, soweit andere Bestimmungen dieses Gesetzes oder andere Rechtsvorschriften regeln, gegen wen eine Maßnahme zu richten ist.

Zweiter Abschnitt
Befugnisse der Polizei


§ 12
Allgemeine Befugnisse

(1) Die Polizei kann die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle der Bedrohung der Freiheit der Bürger oder bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren.

(2) Eine Maßnahme im Sinne des Absatzes 1 kann die Polizei insbesondere dann treffen, wenn sie notwendig ist, um

1. Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu verhüten oder zu unterbinden,
2. durch solche Handlungen verursachte Zustände zu beseitigen oder
3. Gefahren abzuwehren oder Zustände zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit der Person oder die Sachen oder Tiere, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen.

Straftaten im Sinne dieses Gesetzes sind rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen. Ordnungswidrigkeiten im Sinne dieses Gesetzes sind rechtswidrige Taten, die den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben, die der Polizei durch andere Rechtsvorschriften zugewiesen sind (§ 2 Abs. 4) hat sie die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Rechtsvorschriften Befugnisse der Polizei nicht regeln, hat sie die Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen.

§ 13
Befragung, Auskunftspflicht

(1) Die Polizei kann jede Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind.

(2) Eine Person, deren Befragung nach Absatz 1 zulässig ist, ist verpflichtet, auf Frage ihre Identität offenzulegen. Sie ist zu weiteren Auskünften verpflichtet, soweit gesetzliche Handlungspflichten bestehen.

§ 14
Identitätsfeststellung

(1) Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen, wenn die Person sich an einem Ort aufhält, von dem aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, daß dort Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder zur Unterbindung der unerlaubten Überschreitung der Landesgrenze oder des unerlaubten Aufenthalts und zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität, soweit dies nicht Aufgabe der Bundespolizei ist.

(2) Die Polizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Der Betroffene kann festgehalten werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

§ 15
Prüfung von Berechtigungsscheinen

Die Polizei kann verlangen, daß ein Berechtigungsschein zur Prüfung ausgehändigt wird, wenn der Betroffene aufgrund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diesen Berechtigungsschein mitzuführen.

§ 16
Erkennungsdienstliche Maßnahmen

(1) Die Polizei kann erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist, weil der Betroffene verdächtig ist, eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist.

(2) Sind die Voraussetzungen nach Absatz 1 entfallen, sind die erkennungsdienstlichen Unterlagen unverzüglich zu vernichten.

(3) Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind insbesondere

1. die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken,
2. die Aufnahme von Lichtbildern,
3. die Feststellung äußerer körperlicher Merkmale,
4. Messungen.

§ 17
Vorladung

(1) Die Polizei kann eine Person schriftlich oder mündlich vorladen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben machen kann, die zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind.

(2) Bei der Vorladung soll deren Grund angegeben werden. Bei der Festsetzung des Zeitpunktes soll auf den Beruf und die sonstigen Lebensverhältnisse des Betroffenen Rücksicht genommen werden.

(3) Leistet ein Betroffener der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden, wenn die Angaben zur Abwehr einer konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind.

(4) Die im Strafverfahrensrecht bestehenden Bestimmungen über verbotene Vernehmungsmethoden gelten entsprechend.

§ 18
Platzverweisung, Wohnungsverweisung, Aufenthaltsverbot

(1) Die Polizei kann zur Abwehr einer konkreten Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. Die Platzverweisung kann ferner gegen Personen angeordnet werden, die den Einsatz der Feuerwehr oder von Hilfs- oder Rettungsdiensten behindern.

(2) Die Polizei kann eine Person ihrer Wohnung einschließlich deren unmittelbarer Umgebung verweisen (Wohnungsverweisung) und ihr die Rückkehr in diesen Bereich untersagen (Rückkehrverbot), wenn dies erforderlich ist, um eine von der Person ausgehende gegenwärtige Gefahr für Leben, Gesundheit, Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung von einer in derselben Wohnung lebenden Person abzuwehren. Die Maßnahme ist in ihrem örtlichen Umfang auf das erforderliche Maß zu beschränken. Der betroffenen Person soll Gelegenheit gegeben werden, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen und beruflichen Bedarfs mitzunehmen. Die Polizei hat die gefährdete Person über den örtlichen Umfang und über die Dauer der Maßnahme nach Satz 1 zu informieren. Die Polizei übermittelt, soweit die gefährdete Person zustimmt, deren personenbezogene Daten an eine geeignete Beratungsstelle.

(3) Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass eine Person in einem bestimmten örtlichen Bereich eine Straftat begehen wird, so kann ihr für eine bestimmte Zeit verboten werden, diesen Bereich zu betreten oder sich dort aufzuhalten. Die Maßnahme ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken. Wird die Freiheit des Bürgers unverhältnismässig eingeschränkt hat eine richterliche Überprüfung der Maßnahme zu erfolgen.

§ 19
Gewahrsam

(1) Die Polizei kann eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn

1. das zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib und Leben erforderlich ist, insbesondere weil die Person sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
2.das unerläßlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung zu verhindern; die Annahme, daß eine Person eine solche Tat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, kann sich insbesondere darauf stützen, daß

a) sie die Begehung der Tat angekündigt oder dazu aufgefordert hat oder Transparente oder sonstige Gegenstände mit einer solchen Aufforderung mit sich führt; dies gilt auch für Flugblätter solchen Inhalts, soweit sie in einer Menge mitgeführt werden, die zur Verteilung geeignet ist, oder
b) bei ihr Waffen, Werkzeuge oder sonstige Gegenstände aufgefunden werden, die ersichtlich zur Tatbegehung bestimmt sind oder erfahrungsgemäß bei derartigen Taten verwendet werden, oder ihre Begleitperson solche Gegenstände mit sich führt und sie den Umständen nach hiervon Kenntnis haben mußte, oder

3. das unerläßlich ist, um eine Platzverweisung, eine Wohnungsverweisung, ein Rückkehrverbot oder ein Aufenthaltsverbot nach § 18 durchzusetzen.

(2) Die Polizei kann Minderjährige, die sich der Obhut der Sorgeberechtigten entzogen haben, in Gewahrsam nehmen, um sie den Sorgeberechtigten oder dem Jugendamt zuzuführen.

(3) Die Polizei kann eine Person, die aus dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Justizvollzugsanstalt aufhält, in Gewahrsam nehmen und in die Anstalt zurückbringen.

(4) Der Gewahrsam endet nach 24 Stunden, es sei denn andere Gesetze erlauben einen längeren Gewahrsam aufgrund einer Beschuldigung oder einer Vorführung vor einem Haftrichter. Der Grund für den längeren Gewahrsam ist dem Betroffenen nach Ablauf der 24 Stunden unverzüglich mitzuteilen.


§ 20
Richterliche Entscheidung

(1) Wird eine Person aufgrund von § 19 festgehalten, hat die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen. Der Herbeiführung der richterlichen Entscheidung bedarf es nicht, wenn anzunehmen ist, daß die Entscheidung des Richters erst nach Wegfall des Grundes der polizeilichen Maßnahmen ergehen würde.

(2) Für die Entscheidung nach Absatz 1 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person festgehalten wird. Das Verfahren richtet sich nach § 118 StPO entsprechend für den Gewahrsam.

§ 21
Behandlung festgehaltener Personen

(1) Wird eine Person festgehalten, ist ihr unverzüglich der Grund bekanntzugeben.

(2) Der festgehaltenen Person ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person ihres Vertrauens zu benachrichtigen, soweit dadurch der Zweck der Freiheitsentziehung nicht gefährdet wird. Unberührt bleibt die Benachrichtigungspflicht bei einer richterlichen Freiheitsentziehung. Die Polizei soll die Benachrichtigung übernehmen, wenn die festgehaltene Person nicht in der Lage ist, von dem Recht nach Satz 1 Gebrauch zu machen und die Benachrichtigung ihrem mutmaßlichen Willen nicht widerspricht. Ist die festgehaltene Person minderjährig, unter Betreuung oder unter vorläufige Betreuung gestellt, so ist in jedem Fall unverzüglich derjenige zu benachrichtigen, dem die Sorge für die Person obliegt.

(3) Die festgehaltene Person soll gesondert, insbesondere ohne ihre Einwilligung nicht in demselben Raum mit Straf- oder Untersuchungsgefangenen untergebracht werden. Männer und Frauen sollen getrennt untergebracht werden. Der festgehaltenen Person dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Freiheitsentziehung oder die Ordnung im Gewahrsam erfordern.

(4) Wird über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung eine richterliche Entscheidung nach § 20 herbeigeführt und diese im Wege der Amtshilfe in Justizvollzugsanstalten vollzogen, so gelten die §§ 171, 173 bis 175 und 178 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

§ 22
Dauer der Freiheitsentziehung

Die festgehaltene Person ist zu entlassen,

1.wenn der Grund für die Maßnahme der Polizei weggefallen ist,
2.wenn die Fortdauer der Freiheitsentziehung durch richterliche Entscheidung für unzulässig erklärt wird,
3.in jedem Falle unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 24 Stunden nach dem Ergreifen, wenn nicht vorher die Fortdauer der Freiheitsentziehung durch richterliche Entscheidung angeordnet ist. In der richterlichen Entscheidung ist die höchstzulässige Dauer der Freiheitsentziehung zu bestimmen; sie darf nicht mehr als sieben Tage betragen.

§ 23
Durchsuchung von Personen

(1) Die Polizei kann eine Person durchsuchen, wenn

1. sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen oder Tiere mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3. sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet,
4. sie sich in einem Objekt in dem Straftaten begangen wurden oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, oder
5. sie zur gezielten Kontrolle nach nationalen oder internationalen Gesetzen ausgeschrieben ist.

(2) Die Polizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, anderen gefährlichen Werkzeugen und Explosivmitteln durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Polizeibeamten oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib und Leben erforderlich ist.

(3) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib und Leben erforderlich ist.

§ 24
Durchsuchung von Sachen

(1) Die Polizei kann eine Sache durchsuchen, wenn

1. sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 23 durchsucht werden darf,
2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die

a) in Gewahrsam genommen werden darf,
b) widerrechtlich festgehalten wird oder
c) hilflos ist,

3.Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf,
4.sie sich in einem Objekt befindet in dem Straftaten begangen wurden oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß Straftaten in oder an Objekten dieser Art begangen werden sollen,
5. es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität festgestellt werden darf oder die zur gezielten Kontrolle ausgeschrieben ist; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(2) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so sollen seine Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

§ 25
Betreten und Durchsuchung von Wohnungen

(1) Die Polizei kann keine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, es sei denn

1.Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die vorgeführt oder nach § 19 in Gewahrsam genommen werden darf,
2.Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Sache oder ein Tier befindet, das gegenwärtige Gefahr darstellt und sichergestellt werden darf,
3. das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen oder Tiere von bedeutendem Wert erforderlich ist,
4. von der Wohnung Emissionen oder durch Personen verursachter Lärm ausgehen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, die Gesundheit in der Nachbarschaft wohnender Personen zu schädigen.

Die Wohnung umfaßt die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(2) Während der Nachtzeit (§ 104 Abs. 3 StPO) ist das Betreten und Durchsuchen einer Wohnung nur in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 zulässig.

(3) Wohnungen dürfen jedoch zur Abwehr dringender Gefahren jederzeit betreten werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte erfahrungsgemäß anzunehmen ist, daß dort Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben.

(4) Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie andere Räume und Grundstücke, die der Öffentlichkeit zugänglich sind oder zugänglich waren und den Anwesenden zum weiteren Aufenthalt zur Verfügung stehen, dürfen zum Zwecke der Gefahrenabwehr (§ 2 Abs. 1) während der Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeit betreten werden.

§ 26
Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen

(1) Durchsuchungen von Wohnungen dürfen, außer bei Gefahr im Verzug, nur durch den Richter angeordnet werden. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung liegt.

(2) Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat der Wohnungsinhaber das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen.

(3) Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist der Grund der Durchsuchung unverzüglich bekanntzugeben, soweit dadurch der Zweck der Maßnahmen nicht gefährdet wird.

(4) Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muß die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und das Ergebnis der Durchsuchung enthalten. Die Niederschrift ist von einem durchsuchenden Beamten und dem Wohnungsinhaber oder der zugezogenen Person zu unterzeichnen. Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen.

(5) Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Betroffenen lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich, aber nicht in elektronischer Form, zu bestätigen.

§ 27
Sicherstellung

Die Polizei kann eine Sache oder ein Tier sicherstellen,

1. um eine konkrete Gefahr abzuwehren,
2. um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache oder eines Tiers zu schützen, oder
3. wenn sie oder es von einer Person mitgeführt wird, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, und diese Person die Sache oder das Tier verwenden kann, um

a) sich zu töten oder zu verletzen,
b) Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen,
c) fremde Sachen zu beschädigen oder fremde Tiere anzugreifen oder
d) sich oder anderen die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

§ 28
Verwahrung

(1) Sichergestellte Sachen oder Tiere sind in Verwahrung zu nehmen. Läßt die Beschaffenheit der Sachen oder Tiere das nicht zu oder erscheint die Verwahrung bei der Polizei unzweckmäßig, sind die Sachen oder Tiere auf andere geeignete Weise aufzubewahren oder zu sichern. In diesem Fall kann die Verwahrung auch einem Dritten übertragen werden.

(2) Dem Betroffenen ist eine Bescheinigung auszustellen, die den Grund der Sicherstellung erkennen läßt und die sichergestellten Sachen oder Tiere bezeichnet. Kann nach den Umständen des Falles eine Bescheinigung nicht ausgestellt werden, so ist über die Sicherstellung eine Niederschrift, aber nicht in elektronischer Form, aufzunehmen, die auch erkennen läßt, warum eine Bescheinigung nicht ausgestellt worden ist. Der Eigentümer oder der rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist unverzüglich zu unterrichten.

(3) Wird eine sichergestellte Sache oder ein sichergestelltes Tier verwahrt, so hat die Polizei nach Möglichkeit Wertminderungen vorzubeugen. Das gilt nicht, wenn die Sache oder das Tier durch den Dritten auf Verlangen eines Berechtigten verwahrt wird.

(4) Die verwahrten Sachen oder Tiere sind zu verzeichnen und erforderlichenfalls so zu kennzeichnen, daß Verwechslungen vermieden werden.


§ 29
Verwertung, Vernichtung

(1) Die Verwertung einer sichergestellten Sache ist zulässig, wenn

1. ihr Verderb oder eine wesentliche Wertminderung droht,
2. ihre Verwahrung, Pflege oder Erhaltung mit unverhältnismäßig hohen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist,
3. sie infolge ihrer Beschaffenheit nicht so verwahrt werden kann, daß weitere Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeschlossen sind,
4. sie nach einer Frist von einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden kann, ohne daß die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden, oder
5. der Berechtigte sie nicht innerhalb einer ausreichend bemessenen Frist abholt, obwohl ihm eine Mitteilung über die Frist mit dem Hinweis zugestellt worden ist, daß die Sache verwertet wird, wenn sie nicht innerhalb der Frist abgeholt wird.

(2) Der Betroffene, der Eigentümer und andere Personen, denen ein Recht an der Sache zusteht, sollen vor der Verwertung gehört werden. Die Anordnung sowie Zeit und Ort der Verwertung sind ihnen mitzuteilen, soweit die Umstände und der Zweck der Maßnahmen es erlauben.

(3) Die Sache wird durch öffentliche Versteigerung verwertet; § 979 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend. Bleibt die Versteigerung erfolglos, erscheint sie von vornherein aussichtslos oder würden die Kosten der Versteigerung voraussichtlich den zu erwartenden Erlös übersteigen, so kann die Sache freihändig verkauft werden. Der Erlös tritt an die Stelle der verwerteten Sache. Läßt sich innerhalb angemessener Frist kein Käufer finden, so kann die Sache einem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden.

(4) Sichergestellte Sachen können unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden, wenn

1. im Fall einer Verwertung die Gründe, die zu ihrer Sicherstellung berechtigten, fortbestehen oder Sicherstellungsgründe erneut entstehen würden, oder
2. die Verwertung aus anderen Gründen nicht möglich ist. Absatz 2 gilt sinngemäß.

(5) Für Tiere gelten unter Berücksichtigung des Tierschutzes die Absätze 1 bis 4 sinngemäß.


§ 30
Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses, Kosten

(1) Sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, sind die Sachen an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Ist die Herausgabe an ihn nicht möglich, können sie an einen anderen herausgegeben werden, der seine Berechtigung glaubhaft macht. Die Herausgabe ist ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für eine Sicherstellung eintreten würden.

(2) Sind die Sachen verwertet worden, ist der Erlös herauszugeben. Ist ein Berechtigter nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, ist der Erlös nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu hinterlegen. Der Anspruch auf Herausgabe des Erlöses erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Sache verwertet worden ist.

(3) § 983 des Bürgerlichen Gesetzbuches bleibt unberührt.

(4) Für Tiere gelten unter Berücksichtigung des Tierschutzes die Absätze 1 bis 3 sinngemäß.

§ 31
Anwendbares Recht, Rechte der betroffenen Person
auf Auskunft, Berichtigung und Löschung

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben im Sinne des § 2 zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und zur Verhütung von Straftaten sowie zum Zwecke der Verhütung und Verfolgung von Straftaten verarbeiten, soweit dies durch dieses Gesetz in Verbindung mit den Bestimmungen des Teil 1 und Teil 2 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) oder besonderer Rechtsvorschriften über die Datenerhebung der Polizei zugelassen ist.

(2) Eine von einer polizeilichen Datenverarbeitung betroffenene Person hat das Recht auf Auskunft, Berichtigung und Löschung ihrer Daten.

(3) Die betroffene Person hat das Recht, von der Polizei unverzüglich die Löschung sie betreffender Daten zu verlangen, wenn deren Verarbeitung unzulässig oder deren Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist oder diese zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen.

(4) Hat die Polizei Daten einer betroffenen Person durch eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die nach diesem Gesetz oder nach anderen auf deren Verarbeitung anwendbaren Vorschriften rechtswidrig war, einen Schaden zugefügt ost soe der betroffenen Person zum Schadensersatz verpflichtet. Die Ersatzpflicht entfällt, soweit bei einer nichtautomatisierten Verarbeitung der Schaden nicht auf ein Verschulden der Polizei zurückzuführen ist.

(5) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann die betroffene Person eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

(6) Lässt sich bei einer automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten nicht ermitteln, welcher von mehreren beteiligten Verantwortlichen den Schaden verursacht hat, so haftet jeder Verantwortliche beziehungsweise sein Rechtsträger.

(7) Die Polizei ist zur Datensparsamkeit verpflichtet und Daten nur im Rahmen des Interesses der Freiheit und Sicherheit der Bürger zu erheben.

§ 32
Grundsätze der Datenerhebung

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten über die in den §§ 7, 8 und 10 genannten Personen und über andere Personen erheben, wenn dies erforderlich ist

1. zur Gefahrenabwehr, insbesondere zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (§ 2 Abs. 1),
2. zum Schutz privater Rechte (§ 2 Abs. 2),
3. zur Vollzugshilfe (§ 2 Abs. 3) oder
4. zur Erfüllung ihr durch andere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben (§2 Abs. 4)

(2) Personenbezogene Daten sind grundsätzlich bei den betroffenen Personen zu erheben. Personenbezogene Daten der betroffenen Person können auch bei Behörden, öffentlichen Stellen oder bei Dritten erhoben werden, wenn die Datenerhebung bei der betroffenen Person nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist oder die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben gefährden würde.

(3) Personenbezogene Daten sind von der Polizei grundsätzlich offen zu erheben. Eine Datenerhebung, die nicht als polizeiliche Maßnahme erkennbar ist oder sein soll, ist zulässig, wenn die Erfüllung polizeilicher Aufgaben auf andere Weise gefährdet oder erheblich erschwert würde oder wenn anzunehmen ist, dass dies den überwiegenden Interessen der betroffenen Person entspricht.

(4) Werden Daten bei der betroffenen Person oder bei Dritten offen erhoben, sind diese in geeigneter Weise auf

1. die Rechtsgrundlage der Datenerhebung und
2. eine im Einzelfall bestehende gesetzliche Auskunftspflicht oder die Freiwilligkeit der Auskunft

hinzuweisen. Der Hinweis kann zunächst unterbleiben, wenn hierdurch die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe oder die schutzwürdigen Belange Dritter beeinträchtigt oder gefährdet würden.

§ 33
Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen, an besonderen Orten,
zur Eigensicherung sowie durch anlassbezogene automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenerkennung

(1) Die Polizei darf keine personenbezogene Daten, auch durch den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen oder Aufzeichnungen, bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen, die nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen, erheben.

(2) Die Polizei kann personenbezogene Daten erheben, wenn

1. an einem öffentlich zugänglichen Ort, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten verabredet, vorbereitet oder verübt werden sollen,
2. an oder in gefährdeten Anlagen oder Objekten Straftaten begangen wurde oder in deren unmittelbaren Nähe, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen, Objekte, Sach- oder Vermögenswerte gefährdet sind, zur Gefahrenabwehr mittels Bildübertragung offen beobachten oder Bildaufzeichnungen von Personen anfertigen. Die Maßnahme ist durch geeignete Hinweise erkennbar zu machen.

(3) Die Datenerhebung darf nicht durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(4) Bild- und Tonaufnahmen oder Aufzeichnungen und daraus gefertigte Unterlagen sind spätestens einen Monat nach der Datenerhebung zu löschen oder zu vernichten, soweit sie nicht zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten benötigt werden. Maßnahmen nach Absatz 2 bedürfen der Zustimmung des für die Polizei zuständigen Ministeriums. Dieses unterrichtet den Landesbeauftragten für den Datenschutz.

(5) Die Aufzeichnungs- und Übertragungsgeräte nach Absatz 2 sollen mit technischen Vorkehrungen ausgestattet sein, die insbesondere durch Aufnahme-, Löschungs-, Sperrungs- und Berechtigungssysteme eine hohe Datensicherheit und einen hohen Datenschutz gewährleisten.

(6) Die Polizei kann zum Schutz der Polizeibeamten bei Personen- oder Fahrzeugkontrollen an öffentlich zugänglichen Orten Bildaufzeichnungen durch den offenen Einsatz technischer Mittel anfertigen; dies gilt auch dann, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. Der Einsatz der technischen Mittel ist, falls er nicht offenkundig ist, durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen oder der betroffenen Person mitzuteilen. Die Bildaufzeichnungen sind, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden, spätestens nach 48 Stunden zu löschen.

(7) Die Polizei kann unter den Voraussetzungen, wenn eine Anhaltemöglichkeit der Person zur Identitätsfeststellung gewährleistet ist, personenbezogene Daten (Kraftfahrzeugkennzeichen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung) durch den Einsatz technischer Mittel zur elektronischen Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen automatisiert erheben (automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenerkennung) und zur Datenübertragung zwischenspeichern, um diese Daten für einen sofortigen Datenabgleich zur Verhütung oder Unterbindung von Straftaten oder zur Eigentumssicherung nutzen zu können. Die automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenerkennung darf nicht flächendeckend durchgeführt werden.
Die Daten sind soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden, spätestens nach 48 Stunden zu löschen.

§ 34
Besondere Mittel der Datenerhebung

(1) Die Polizei kann zur Abwehr einer konkreten Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landes, für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person

1. über die für die Gefahr Verantwortlichen oder
2. über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie für die für die Gefahr Verantwortlichen bestimmte oder von diesen herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben,

Daten durch den Einsatz von besonderen Mitteln erheben. Die Anordnung der Maßnahme ist unzulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch die Maßnahme allein Kenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden. Die Anordnung der Maßnahme nach Satz 1 Nr. 2 ist unzulässig, wenn die Person das Recht zur Verweigerung der Aussage nach den §§ 53 oder 53a StPO hätte. Die Datenerhebung darf nicht durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) Besondere Mittel der Datenerhebung sind

1. die planmäßig angelegte Beobachtung einer Person, die durchgehend länger als 24 Stunden oder an mehr als zwei Tagen durchgeführt werden soll (längerfristige Observation),
2.der verdeckte Einsatz technischer Mittel

a) zur Ermittlung des Aufenthaltsorts einer Person,
b) zur Anfertigung von Bildaufzeichnungen,
c) zum Abhören oder zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes,

3. der Einsatz von Polizeibeamten unter einer Legende (verdeckte Ermittler),
4. der Einsatz sonstiger nicht offen ermittelnder Polizeibeamter und
5. der Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist (Vertrauenspersonen).

(3) Wird im Verlauf einer Maßnahme nach Absatz 2 Nr. 1 oder 2 Buchst. b oder c erkennbar, dass Inhalte erfasst werden, die

1.dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sind,
2.einem Geistlichen oder seinem Berufshelfer in der Eigenschaft als Seelsorger anvertraut werden oder
3.einem Vertrauensverhältnis zu einem Berufsgeheimnisträger oder Berufshelfer (§§ 53 oder 53a StPO) zuzuordnen sind und kein unmittelbarer Bezug zu den in Absatz 1 genannten Gefahren besteht,

sind die unmittelbare Kenntnisnahme und die Aufzeichnungen unverzüglich und so lange wie erforderlich zu unterbrechen. Angefertigte Aufzeichnungen sind zu löschen. Bestehen über die Voraussetzungen einer Unterbrechung Zweifel, ist nur die unmittelbare Kenntnisnahme entsprechend Satz 1 zu unterbrechen. In diesem Fall ist nur die Fortsetzung automatisierter Aufzeichnungen zulässig. Diese sind unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Verwendbarkeit oder Löschung der Daten vorzulegen. Ist die Aufzeichnung oder die unmittelbare Kenntnisnahme unterbrochen worden, so darf sie nur fortgesetzt werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte nicht mehr zu erwarten ist, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung oder ein geschütztes Vertrauensverhältnis verletzt wird. Die Tatsache der Erlangung und die Löschung der Daten sind zu protokollieren.

(4) Der Einsatz von besonderen Mitteln nach Absatz 2 Nr. 1, 2 Buchst. c und Nr. 3 darf nur auf Antrag des Leiters der Landespolizeidirektion oder des Leiters des Landeskriminalamts oder eines von diesen besonders beauftragten Beamten des höheren Polizeivollzugsdienstes durch den Richter angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug dürfen die in Satz 1 genannten Personen die Maßnahme anordnen; die richterliche Entscheidung ist in diesem Fall unverzüglich nachzuholen. Die Anordnung nach Satz 2 Halbsatz 1 tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Werktagen durch den Richter bestätigt wird. Tritt die Anordnung nach Satz 3 außer Kraft, sind die erhobenen Daten unverzüglich zu löschen und die Löschung zu protokollieren. Die Anordnung hat schriftlich unter Angabe der für sie maßgeblichen Gründe zu erfolgen und ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate ist zulässig, soweit die Voraussetzungen unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse fortbestehen.

(5) Der Einsatz von besonderen Mitteln nach Absatz 2 Nr. 2 Buchst. a und b sowie Nr. 4 und 5 darf nur durch den Leiter der Landespolizeidirektion oder den Leiter des Landeskriminalamts oder einen von diesen besonders beauftragten Beamten des höheren Polizeivollzugsdienstes angeordnet werden. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(6) Soweit es für den Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Legende eines verdeckten Ermittlers erforderlich ist, dürfen entsprechende Urkunden hergestellt, verändert oder gebraucht werden. Ein verdeckter Ermittler darf zur Erfüllung seines Auftrags unter der Legende am Rechtsverkehr teilnehmen. Er darf ferner unter der Legende mit Einverständnis des Berechtigten dessen Wohnung betreten. Im Übrigen richten sich die Befugnisse eines verdeckten Ermittlers nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.

§ 35
Wohnraumüberwachung

(1) Die Polizei kann durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen (§ 25 Abs. 1 Satz 2) personenbezogene Daten erheben, wenn dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, erforderlich ist und die Abwehr der Gefahr auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre.

(2) Die Maßnahme nach Absatz 1 darf nur angeordnet werden, soweit nicht aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte, insbesondere beruhend auf der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten oder dem Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander, anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Daten aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder aus einem Vertrauensverhältnis mit Berufsgeheimnisträgern oder deren Berufshelfern (§§ 53 oder 53a StPO) erlangt würden.

(3) Die Maßnahme darf sich nur gegen die für die Gefahr verantwortlichen Personen richten und nur in deren Wohnung durchgeführt werden.

(4) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur auf Antrag des Leiters der Landespolizeidirektion oder des Leiters des Landeskriminalamts oder eines besonders beauftragten Beamten des höheren Polizeivollzugsdienstes durch den Richter angeordnet werden.

(5) Eine Anordnung nach Absatz 4 ergeht schriftlich. Sie enthält

1. soweit bekannt, den Namen und die Anschrift der Person, gegen die sich die Maßnahme richtet,
2. die zu überwachende Wohnung oder die zu überwachenden Wohnräume,
3. die Art, den Umfang und die Dauer der Maßnahme und
4. die wesentlichen Gründe.

Die Maßnahme ist auf höchstens einen Monat zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als einen weiteren Monat sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse für die Anordnung fortbestehen. Bestehen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr fort, so ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden. Die Beendigung ist dem Richter unverzüglich mitzuteilen.

(6) Das Abhören und Beobachten nach Absatz 1 ist unverzüglich und so lange wie erforderlich zu unterbrechen, soweit während der Überwachung erkennbar wird, dass Inhalte erfasst werden, die

1. dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sind,
2. einem Geistlichen oder seinem Berufshelfer in der Eigenschaft als Seelsorger anvertraut werden oder
3. einem Vertrauensverhältnis zu einem Berufsgeheimnisträger oder Berufshelfer (§§ 53 oder 53a StPO) zuzuordnen sind und kein unmittelbarer Bezug zu den in Absatz 1 genannten Gefahren besteht.

Angefertigte Aufzeichnungen und Aufnahmen sind unverzüglich zu löschen. Bestehen über die Voraussetzungen einer Unterbrechung Zweifel, gilt Satz 1 entsprechend. In diesem Fall sind nur automatisierte Aufzeichnungen zulässig. Diese sind unverzüglich dem anordnenden Richter zur Entscheidung über die Verwendbarkeit oder Löschung der Daten vorzulegen. Ist die Aufnahme, die Aufzeichnung oder die unmittelbare Kenntnisnahme unterbrochen worden, so darf sie nur fortgesetzt werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte nicht mehr zu erwarten ist, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung oder ein geschütztes Vertrauensverhältnis verletzt wird. Die Tatsache der Erlangung und die Löschung der Daten sind zu protokollieren.

(7) Die Anordnung eines verdeckten Einsatzes technischer Mittel in oder aus Wohnungen ausschließlich zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen treffen die in Absatz 4 Satz 1 genannten Behördenleiter oder, bei deren jeweiliger Verhinderung, ein besonders beauftragter Beamter des höheren Polizeivollzugsdienstes. Eine anderweitige Nutzung der hierbei erlangten Erkenntnisse zu Zwecken der Abwehr einer dringenden Gefahr ist nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Absatz 6 findet entsprechende Anwendung. Aufzeichnungen aus einem solchen Einsatz sind unverzüglich nach Beendigung des Einsatzes zu löschen, soweit sie nicht zur Gefahrenabwehr benötigt werden; die Löschung ist zu protokollieren.

(8) Wird kein Strafverfahren eingeleitet und kein Beschuldigter festgestellt, dann ist der Betroffene innerhalb von drei Monaten nach der erfolgten Wohnraumüberwachung über Dauer und Umfang der erfolgten Wohnraumüberwachung zu informieren.

§ 36
Gemeinsame Verfahrensbestimmungen für
Maßnahmen der verdeckten Datenerhebung

(1) Die durch eine Maßnahme nach den §34 und 35 erlangten Daten sind besonders zu kennzeichnen. Für den Fall der Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Empfänger aufrechtzuerhalten. Die Daten dürfen grundsätzlich nur zur Abwehr der Gefahr, die zur Anordnung der Überwachungsmaßnahme geführt hat, verwendet werden. Eine Verwendung in einem anderen Verfahren ist nur zulässig, wenn die Datenerhebung auch in diesem Verfahren hätte angeordnet werden dürfen; die Zweckänderung ist zu dokumentieren.

(2) Daten, bei denen sich nach der Auswertung herausstellt, dass sie Inhalte betreffen,

1. die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sind,
2. über die das Zeugnis als Geistlicher oder als Berufshelfer eines Geistlichen verweigert werden könnte oder
3. über die das Zeugnis nach den §§ 53 oder 53a StPO verweigert werden könnte und bei denen kein unmittelbarer Bezug zu den Gefahren besteht, die zur Anordnung der Maßnahme geführt haben,

dürfen nicht verwendet werden und sind unverzüglich zu löschen. Eine Verwendung ist ausnahmsweise zulässig, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben oder Freiheit einer Person zwingend erforderlich ist. Vor einer Verwendung der Daten ist über deren Zulässigkeit eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Bei Gefahr im Verzug kann die Entscheidung auch der Leiter der Landespolizeidirektion, der Leiter des Landeskriminalamtes oder ein von diesen besonders beauftragter Beamter des höheren Polizeivollzugsdienstes treffen; in diesem Fall ist eine richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Die Tatsache der Erlangung und die Löschung der Daten sind zu protokollieren. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn ein Berufsgeheimnisträger betroffen ist, der selbst für die Gefahr verantwortlich ist.

(3) Von Maßnahmen nach den §§ 34 und 35 sind zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung kann nur dann unterbleiben, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange einer betroffenen Person entgegenstehen und die Freiheit und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet ist.

(4) Die Benachrichtigung erfolgt, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme, des Bestands des Staates oder von Gesundheit, Leben oder Freiheit einer Person möglich ist. Im Fall des Absatzes 3 kann die Benachrichtigung zudem auch zurückgestellt werden, wenn die Möglichkeit der weiteren Verwendung der verdeckt handelnden Personen durch die Benachrichtigung gefährdet wäre und unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber den Betroffenen das öffentliche Interesse an der Weiterverwendung überwiegt. Ist wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden, ist die Benachrichtigung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft vorzunehmen, sobald dies der Stand des Ermittlungsverfahrens zulässt. Wird die Benachrichtigung aus einem der vorgenannten Gründe zurückgestellt, ist dies zu dokumentieren.

(5) Erfolgt die Benachrichtigung nicht binnen sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der richterlichen Zustimmung. Die richterliche Entscheidung ist vorbehaltlich einer anderen richterlichen Fristsetzung jeweils nach einem Jahr erneut einzuholen. Eine Benachrichtigung kann mit richterlicher Zustimmung auf Dauer unterbleiben, wenn die Gründe nach Absatz 4 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft fortbestehen werden. Die Entscheidung nach Satz 3 darf frühestens fünf Jahre nach Beendigung der Maßnahme getroffen werden. Sind mehrere Maßnahmen im selben Sachzusammenhang durchgeführt worden, ist die Beendigung der letzten Maßnahme für die Berechnung der Fristen maßgeblich.

(6) Zuständig für richterliche Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 5 sowie nach den §§ 34 und 35 ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die beantragende Polizeibehörde ihren Sitz hat. Diese Entscheidungen des Gerichts ergehen ohne vorherige Anhörung der Betroffenen; sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Bekanntmachung an die Betroffenen. Gegen die Ablehnung des Antrags der Polizeibehörde auf Zustimmung zur Zurückstellung oder zum dauerhaften Unterbleiben einer Benachrichtigung findet die Beschwerde statt. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Für dieses Beschwerdeverfahren gilt Satz 3 entsprechend. Die Benachrichtigung darf bis zur Rechtskraft der richterlichen Entscheidung vorläufig unterbleiben.

(7) Die Landesregierung unterrichtet den Landtag jährlich über die durchgeführten Maßnahmen nach den §§ 34 und 35.


§ 37
Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung und zur gezielten Kontrolle

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten, insbesondere die Personalien einer Person sowie das amtliche Kennzeichen des von ihr benutzten Fahrzeugs, zur Mitteilung über das Antreffen (polizeiliche Beobachtung) oder zur gezielten Kontrolle ausschreiben, wenn die Gesamtwürdigung der Person und ihrer bisher begangenen Straftaten erwarten lässt, dass sie auch künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird und die polizeiliche Beobachtung zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erforderlich ist.

(2) Im Fall eines Antreffens der Person oder des Fahrzeugs können Erkenntnisse über das Antreffen sowie über etwaige Begleiter und mitgeführte Sachen an die ausschreibende Polizeidienststelle übermittelt werden.

(3) Die Ausschreibung darf nur durch den Leiter der Landespolizeidirektion oder den Leiter des Landeskriminalamts oder von einem besonders beauftragten Beamten des höheren Polizeivollzugsdienstes angeordnet werden. Die Anordnung ist auf höchstens ein Jahr zu befristen. Zur Verlängerung der Laufzeit bedarf es einer neuen Anordnung.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Anordnung nicht mehr vor, ist der Zweck der Maßnahme erreicht oder zeigt sich, daß er nicht erreicht werden kann, ist die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung oder gezielten Kontrolle unverzüglich zu löschen.

(5) Nach Abschluss der Maßnahmen sind die ausgeschriebene Person und die Personen, deren personenbezogene Daten infolge der Ausschreibung gemeldet wurden, zu benachrichtigen. § 36 Abs. 3 bis 6 gilt entsprechend.

§ 38
Datenübermittlung

Die Polizei kann bei Vorliegen der übrigen für Datenübermittlungen geltenden Voraussetzungen personenbezogene Daten an Polizei- und Justizbehörden sowie an sonstige für die Verhütung oder Verfolgung von Straftaten zuständige öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies erforderlich ist

1. zur Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe,
2. zur Verfolgung von Straftaten und zur Strafvollstreckung nach Maßgabe der Vorschriften über die nationale und internationale Rechtshilfe in strafrechtlichen Angelegenheiten oder der Vorschriften über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof oder
3. zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit.

Entsprechendes gilt, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden sollen. Die übermittelnde Stelle hat die Übermittlung und ihren Anlass aufzuzeichnen und dem Empfänger den bei der übermittelnden Stelle vorgesehenen Löschungszeitpunkt mitzuteilen.

§ 39
Übermittlungsverbote

(1) Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses Gesetzes unterbleibt, wenn für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Daten und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen.

(2) Die Datenübermittlung unterbleibt darüber hinaus,

1. wenn hierdurch wesentliche Sicherheitsinteressen des Bundes oder der Länder beeinträchtigt würden,
2. wenn hierdurch der Erfolg laufender Ermittlungen oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person gefährdet würde,
3. soweit Grund zu der Annahme besteht, dass durch sie gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde, oder
4. wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung der Daten zu den in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthaltenen Grundsätzen, insbesondere dadurch, dass durch die Nutzung der übermittelten Daten im Empfängerstaat Verletzungen von elementaren rechtsstaatlichen Grundsätzen oder Menschenrechtsverletzungen drohen, in Widerspruch stünde.

§ 40
Datenabgleich

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten der in den §§ 7 und 8 genannten Personen sowie von Personen, die sie an Orten, an denen Straftaten stattgefunden haben, angetroffen hat, mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgleichen. Personenbezogene Daten sonstiger Personen kann die Polizei abgleichen, wenn dies aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist. Die Polizei kann ferner im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen, wenn dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist.

(2) Die Polizei kann die nach § 33 Abs. 7 erhobenen Daten mit den Sachfahndungsdateien des Informationssystems der Polizeien des Bundes und der Länder (INPOL) und des Schengener Informationssystems automatisiert abgleichen, wenn dies zur Aufgabenerfüllung nach § 2 erforderlich ist. Der Abgleich mit anderen polizeilichen Dateien ist nicht zulässig. Nach § 33 Abs. 7 erhobene Daten, die nach Durchführung des Datenabgleichs nach Satz 1 in den Sachfahndungsdateien

1. nicht enthalten sind (Nichttreffer), sind unverzüglich automatisiert zu löschen,
2. enthalten sind (Treffer), können nach den Vorschriften dieses Gesetzes verwendet werden, wenn zuvor eine Anhaltekontrolle nach § 14 Abs. 1 erfolgt ist; andernfalls sind diese ebenfalls unverzüglich zu löschen. Eine Verwendung der Daten zur Erstellung eines Bewegungsprofils ist unzulässig.

Automatisierte Abgleiche nach Satz 1 dürfen nicht protokolliert werden.

(3) Wird der Betroffene zur Durchführung einer nach einer anderen Rechtsvorschrift zulässigen Maßnahme angehalten und kann der Datenabgleich mit dem Fahndungsbestand nicht bis zum Abschluß dieser Maßnahme vorgenommen werden, darf der Betroffene weiterhin für den Zeitraum angehalten werden, der regelmäßig für die Durchführung eines Datenabgleichs notwendig ist.

Dritter Abschnitt
Vollzugshilfe

§ 41
Vollzugshilfe

(1) Die Polizei leistet anderen Behörden auf Ersuchen Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist und die anderen Behörden nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügen oder ihre Maßnahmen nicht auf andere Weise selbst durchsetzen können.

(2) Die Polizei ist nur für die Art und Weise der Durchführung verantwortlich. Im übrigen gelten die Grundsätze der Amtshilfe entsprechend.

(3) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt.

§ 42
Verfahren

(1) Vollzugshilfeersuchen sind schriftlich zu stellen; sie haben den Grund und die Rechtsgrundlage der Maßnahme anzugeben.

(2) In Eilfällen kann das Ersuchen formlos gestellt werden. Es ist jedoch auf Verlangen unverzüglich schriftlich zu bestätigen.

(3) Die ersuchende Behörde ist von der Ausführung des Ersuchens zu verständigen.
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§ 43
Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung

(1) Hat das Vollzugshilfeersuchen eine Freiheitsentziehung zum Inhalt, ist auch die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung vorzulegen oder in dem Ersuchen zu bezeichnen.

(2) Ist eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ergangen, hat die Polizei die festgehaltene Person zu entlassen, wenn die ersuchende Behörde diese nicht übernimmt oder die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich nachträglich beantragt.

(3) Die §§ 21 und 22 gelten entsprechend.

Vierter Abschnitt
Zwang

§ 44
Zulässigkeit des Verwaltungszwanges

(1) Der Verwaltungsakt der Polizei, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn das zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist, insbesondere weil Maßnahmen gegen Personen nach den §§ 7 bis 10 nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen, und die Polizei hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt.

§ 45
Zwangsmittel

(1) Zwangsmittel sind:

1. Ersatzvornahme (§ 46),
2. Zwangsgeld (§ 47),
3. unmittelbarer Zwang (§ 49).

(2) Zwangsmittel sind nach Maßgabe der §§ 50 und 55 anzudrohen.

(3) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angewandt und so lange wiederholt und gewechselt werden, bis der Verwaltungsakt befolgt worden ist oder sich auf andere Weise erledigt hat.

§ 46
Ersatzvornahme

(1) Wird die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen anderen möglich ist (vertretbare Handlung), nicht erfüllt, so kann die Polizei auf Kosten des Betroffenen die Handlung selbst ausführen oder einen anderen mit der Ausführung beauftragen.

(2) Es kann bestimmt werden, daß der Betroffene die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im voraus zu zahlen hat. Zahlt der Betroffene die Kosten der Ersatzvornahme oder die voraussichtlich entstehenden Kosten der Ersatzvornahme nicht fristgerecht, so können sie im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden. Die Beitreibung der voraussichtlichen Kosten unterbleibt, sobald der Betroffene die gebotene Handlung ausführt.

§ 47
Zwangsgeld

(1) Das Zwangsgeld wird auf mindestens fünf und höchstens fünftausend Euro schriftlich festgesetzt.

(2) Mit der Festsetzung des Zwangsgeldes ist dem Betroffenen eine angemessene Frist zur Zahlung einzuräumen.

(3) Zahlt der Betroffene das Zwangsgeld nicht fristgerecht, so wird es im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben. Die Beitreibung unterbleibt, sobald der Betroffene die gebotene Handlung ausführt oder die zu duldende Maßnahme gestattet.

§ 48
Ersatzzwangshaft

(1) Ist das Zwangsgeld uneinbringlich, so kann das Verwaltungsgericht auf Antrag der Polizei die Ersatzzwangshaft anordnen, wenn bei Androhung des Zwangsgeldes hierauf hingewiesen worden ist. Die Ersatzzwangshaft beträgt mindestens einen Tag, höchstens zwei Wochen.

(2) Die Ersatzzwangshaft ist auf Antrag der Polizei von der Justizverwaltung nach den Bestimmungen der §§ 904 bis 910 der Zivilprozeßordnung zu vollstrecken.

§ 49
Unmittelbarer Zwang

(1) Die Polizei kann unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. Für die Art und Weise der Anwendung unmittelbaren Zwanges gelten die §§ 51 bis 58

(2) Unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ist ausgeschlossen.


§ 50
Androhung der Zwangsmittel

(1) Zwangsmittel sind möglichst schriftlich anzudrohen. Dem Betroffenen ist in der Androhung zur Erfüllung der Verpflichtungen eine angemessene Frist zu bestimmen; eine Frist braucht nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist.

(2) Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat.

(3) Die Androhung muß sich auf bestimmte Zwangsmittel beziehen. Werden mehrere Zwangsmittel angedroht, ist anzugeben, in welcher Reihenfolge sie angewandt werden sollen.

(4) Wird die Ersatzvornahme angedroht, so sollen in der Androhung die voraussichtlichen Kosten angegeben werden.

(5) Das Zwangsgeld ist in bestimmter Höhe anzudrohen.

(6) Die Androhung ist zuzustellen. Das gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist.

§ 51
Rechtliche Grundlagen

(1) Ist die Polizei nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften zur Anwendung unmittelbaren Zwanges befugt, gelten für die Art und Weise der Anwendung die §§ 52 bis 58 und, soweit sich aus diesen nichts Abweichendes ergibt, die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes.

(2) Die zivil- und strafrechtlichen Wirkungen nach den Bestimmungen über Notwehr und Notstand bleiben unberührt.

§ 52
Begriffsbestimmung

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen, Sachen oder Tiere durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel oder durch Waffen.

(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen, Sachen oder Tiere.

(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel).

(4) Als Waffen sind Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr und Maschinenpistole zugelassen. Andere Waffen dürfen nur zugelassen werden, wenn sie eine geringere Wirkung als Schusswaffen haben. Für die Verwendung durch Spezialeinheiten kann das für die Polizei zuständige Ministerium Ausnahmen zulassen.

§ 53
Handeln auf Anordnung

(1) Die Polizeibeamten sind verpflichtet, unmittelbaren Zwang anzuwenden, der von einem Weisungsberechtigten angeordnet wird. Dies gilt nicht, wenn die Anordnung die Menschenwürde verletzt oder nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist.

(2) Eine Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgt der Polizeibeamte die Anordnung trotzdem, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt oder wenn es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, daß dadurch eine Straftat begangen wird.

(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung hat der Polizeibeamte dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist.

(4) Beamtenrechtliche Bestimmungen über das Remonstrationsrecht sind nicht anzuwenden.


§ 54
Hilfeleistung für Verletzte

Wird unmittelbarer Zwang angewendet, ist Verletzten, soweit es nötig ist und die Lage es zuläßt, Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu verschaffen.

§ 55
Androhung unmittelbaren Zwanges

(1) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schußwaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses.

(2) Schußwaffen dürfen nur dann ohne Androhung gebraucht werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(3) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig anzudrohen, daß sich Unbeteiligte noch entfernen können. Der Gebrauch von Schußwaffen gegen Personen in einer Menschenmenge ist stets anzudrohen; die Androhung ist vor dem Gebrauch durch Warnschuß zu wiederholen.

§ 56
Fesselung von Personen

Eine Person, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, darf gefesselt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie

1. Polizeibeamte, Dritte oder Tiere angreifen, Widerstand leisten oder Sachen in erheblichem Maße beschädigen wird,
2. fliehen wird oder befreit werden soll oder
3. sich töten oder verletzen wird.

Dasselbe gilt, wenn eine Person nach anderen Rechtsvorschriften vorgeführt oder zur Durchführung einer Maßnahme an einen anderen Ort gebracht wird.

§ 57
Allgemeine Bestimmungen für den Schußwaffengebrauch

(1) Sowohl das Mitführen als auch der Gebrauch von Schußwaffen ist zu vermeiden.

(2) Schußwaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges erfolglos angewendet sind oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Schußwaffengebrauch gegen Sachen oder Tiere erreicht werden kann.

(3) Schußwaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ein Schuß, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist.

(4) Gegen Personen, die dem äußeren Eindruck nach noch nicht 14 Jahre alt sind, dürfen Schußwaffen nicht gebraucht werden. Das gilt nicht, wenn der Schußwaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben ist.

(5) Der Schußwaffengebrauch ist unzulässig, wenn für den Polizeibeamten erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet werden. Dies gilt nicht, wenn der Schußwaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr ist.

§ 58
Schußwaffengebrauch gegen Personen

(1) Schußwaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden

1. um eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben abzuwehren,
2. um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung eines Verbrechens oder eines Vergehens unter Anwendung oder Mitführung von Schußwaffen oder Explosivmitteln zu verhindern,
3. um eine Person anzuhalten, die sich der Festnahme oder Identitätsfeststellung durch Flucht zu entziehen versucht, wenn sie

a) eines Verbrechens dringend verdächtig ist oder
b) eines Vergehens dringend verdächtig ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Schußwaffen oder Explosivmittel mit sich führt,

4. zur Vereitelung der Flucht oder zur Ergreifung einer Person, die in amtlichem Gewahrsam zu halten oder ihm zuzuführen ist

a) aufgrund richterlicher Entscheidung wegen eines Verbrechens oder aufgrund des dringenden Verdachts eines Verbrechens oder
b) aufgrund richterlicher Entscheidung wegen eines Vergehens oder aufgrund des dringenden Verdachts eines Vergehens, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Schußwaffen oder Explosivmittel mit sich führt,

5. um die gewaltsame Befreiung einer Person aus amtlichem Gewahrsam zu verhindern.

(2) Schußwaffen dürfen nach Absatz 1 Nr. 4 nicht gebraucht werden, wenn es sich um den Vollzug eines Jugendarrestes oder eines Strafarrestes handelt oder wenn die Flucht aus einer offenen Anstalt verhindert werden soll. Beim Vollzug des Unterbindungsgewahrsams im Wege der Amtshilfe in Justizvollzugsanstalten nach § 21 Abs. 4 dürfen zur Vereitelung einer Flucht oder zur Wiederergreifung keine Schußwaffen angewendet werden.

Fünfter Abschnitt
Schadensausgleich, Erstattungs- und Ersatzansprüche

§ 59
Zum Schadensausgleich verpflichtende Tatbestände

(1) Erleidet jemand infolge einer rechtmäßigen Inanspruchnahme nach § 10 einen Schaden, ist ihm ein angemessener Ausgleich zu gewähren. Das gleiche gilt, wenn jemand durch eine rechtswidrige Maßnahme der Polizei einen Schaden erleidet.

(2) Der Ausgleich ist auch Personen zu gewähren, die mit Zustimmung der Polizei bei der Erfüllung polizeilicher Aufgaben freiwillig mitgewirkt oder Sachen zur Verfügung gestellt haben und dadurch einen Schaden erlitten haben.

(3) Weitergehende Ersatzansprüche, insbesondere aus Amtspflichtverletzung, bleiben unberührt.

§ 60
Inhalt, Art und Umfang des Schadensausgleichs

(1) Der Ausgleich nach § 59 wird grundsätzlich nur für Vermögensschaden gewährt. Für entgangenen Gewinn, der über den Ausfall des gewöhnlichen Verdienstes oder Nutzungsentgeltes hinaus geht, und für Nachteile, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der polizeilichen Maßnahme stehen, ist ein Ausgleich nur zu gewähren, wenn und soweit dies zur Abwendung unbilliger Härten geboten erscheint.

(2) Bei einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit oder bei einer Freiheitsentziehung ist auch der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, angemessen auszugleichen.

(3) Der Ausgleich wird in Geld gewährt. Hat die zum Ausgleich verpflichtende Maßnahme die Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit oder eine Vermehrung der Bedürfnisse oder den Verlust oder die Beeinträchtigung eines Rechts auf Unterhalt zur Folge, so ist der Ausgleich durch Entrichtung einer Rente zu gewähren. § 760 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist anzuwenden. Statt der Rente kann eine Abfindung in Kapital verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein anderer dem Geschädigten Unterhalt zu gewähren hat.

(4) Stehen dem Geschädigten Ansprüche gegen Dritte zu, so ist, soweit diese Ansprüche nach Inhalt und Umfang dem Ausgleichsanspruch entsprechen, der Ausgleich nur gegen Abtretung dieser Ansprüche zu gewähren.

(5) Bei der Bemessung des Ausgleichs sind alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere Art und Vorhersehbarkeit des Schadens und ob der Geschädigte oder sein Vermögen durch die Maßnahme der Polizei geschützt worden ist. Haben Umstände, die der Geschädigte zu vertreten hat, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ausgleich sowie der Umfang des Ausgleichs insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem Geschädigten oder durch die Polizei verursacht worden ist.
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§ 61
Ansprüche mittelbar Geschädigter

(1) Im Falle der Tötung sind im Rahmen des § 60 Abs. 5 die Kosten der Bestattung demjenigen auszugleichen, dem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.

(2) Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnis, aufgrund dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so kann der Dritte im Rahmen des § 60 Abs. 5 insoweit einen angemessenen Ausgleich verlangen, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen wäre. § 60 Abs. 3 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Der Ausgleich kann auch dann verlangt werden, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung gezeugt, aber noch nicht geboren war.

§ 62
Verjährung des Ausgleichsanspruchs

Der Anspruch auf den Ausgleich verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Geschädigte, im Falle des § 61 der Anspruchsberechtigte, von dem Schaden und dem zum Ausgleich Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in dreißig Jahren von dem Eintritt des schädigenden Ereignisses an.
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§ 63
Ausgleichspflichtiger, Erstattungsansprüche

(1) Ausgleichpflichtig ist die Körperschaft, in deren Dienst der Polizeibeamte steht, der die Maßnahme getroffen hat.

(2) Hat der Polizeibeamte für die Behörde einer anderen Körperschaft gehandelt, so ist die andere Körperschaft ausgleichspflichtig.

(3) Ist in den Fällen des Absatzes 2 ein Ausgleich nur wegen der Art und Weise der Durchführung der Maßnahme zu gewähren, so kann die ausgleichspflichtige Körperschaft von der Körperschaft, in deren Dienst der Polizeibeamte steht, Erstattung ihrer Aufwendungen verlangen, es sei denn, daß sie selbst die Verantwortung für die Art und Weise der Durchführung trägt.

§ 64
Rechtsweg

Für Ansprüche auf Schadensausgleich ist der ordentliche Rechtsweg, für die Ansprüche auf Erstattung und Ersatz von Aufwendungen nach § 63 Abs. 3 der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Sechster Abschnitt
Schlußbestimmungen

§ 65
Ausführungsvorschriften

Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften erläßt das für die Polizei zuständige Ministerium.

§ 66
Einschränkung von Grundrechten

Aufgrund dieses Gesetzes können die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit aufgrund § 58 und andere dieses Gesetzes (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes), Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes), Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 des Grundgesetzes), Freizügigkeit (Artikel 11 des Grundgesetzes) und Unverletzlichkeit der Wohnung durch § 35 dieses Gesetzes (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt werden.

§ 67
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Ein Gedanke zu „BayPAG“

  1. Guten Tag, Arnold,
    wie sich die Piratenpartei entwickelt bzw. rückentwickelt hat, lässt mich daran zweifeln, die Ziele der Partei (auch deine persönlichen) mit befördern zu können. (Verbrannte Marke)!?

    Wie siehst Du das? Gibt es einen Ausweg?

    Falls ja, lass´ mich den bitte wissen.

    …….und auf Hoher See …….

    Herzlichen Gruß

    Manfred

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