Wert und Nichtwert als kategoriale Differenz: Interdisziplinäre Annäherungen an ein metatheoretisches Konzept

To long to read oder Vorbemerkung:

Einführung
Die Welt wirkt oft wie ein endloses Hintergrundrauschen: viele Eindrücke, viele Handlungen, viele Meinungen. Aus all dem Rauschen sticht manchmal etwas heraus — ein Verhalten, ein Gegenstand, eine Idee. Wir nennen dieses Herausstichende ‚Wert‘.

Wert als Differenz
Wert entsteht durch Unterscheidung. Ohne Gegenüber — ohne das, was nicht wertgeschätzt wird — wäre ‚Wert‘ bedeutungslos. Werte funktionieren deshalb relational: Mut gewinnt Bedeutung gegenüber Feigheit; das ‚Gute‘ erhält Sinn gegenüber dem ‚Bösen‘; ein Kunstwerk wird als solches erkennbar, weil es sich von Massenware unterscheidet.

Werte als Setzung
Werte sind nicht lediglich entdeckt — oft werden sie gesetzt. Gesellschaften, Gruppen und Individuen vereinbaren, was ihnen wichtig ist. Solche Setzungen können historisch oder kulturell variieren. Deshalb gibt es Zeiten und Orte, an denen bestimmte Einstellungen als Tugend galten, die wir heute als unmoralisch ansehen.

Gefährliche Setzungen
Nicht jede gesetzte Ordnung ist gut. Autoritäre oder hasserfüllte Ideologien können Dinge als ‚Werte‘ verkaufen, die in Wahrheit zerstörerisch sind. Innerhalb solcher Systeme erscheinen sie als erstrebenswert — von außen betrachtet sind sie jedoch moralisch zu verwerfen. Das führt zur wichtigen Unterscheidung zwischen formalen Setzungen (etwas wird als Wert erklärt) und moralischer Bewertung (etwas ist ethisch vertretbar oder nicht).

Werte als Axiome
Wie Axiome in der Mathematik sind einige Werte Basisannahmen, die nicht vollständig aus anderen Gründen abgeleitet werden können. Dennoch ermöglichen sie Handlung und Urteilsbildung. Es ist wichtig, diese Grundannahmen bewusst zu machen und zu hinterfragen, weil sie die Basis für Entscheidungen bilden.

Schluss
Werte sind also kein mysteriöses Etwas, sondern das Ergebnis von Unterscheidung und Setzung. Sie geben Orientierung — können aber auch missbraucht werden. Der kritische Umgang mit Werten bedeutet, zu erkennen, wer Werte setzt, wozu sie dienen und ob sie dem Zusammenleben dienen oder schaden.

Abstract
Der Beitrag untersucht den Wertbegriff in interdisziplinärer Perspektive. Ausgangspunkt ist die Einsicht, dass „Wert“ kein isoliertes Phänomen darstellt, sondern sich stets relational konstituiert – in der kategorialen Differenz zum „Nicht-Wert“. Auf dieser Grundlage werden philosophische, soziologische, rechtswissenschaftliche, ökonomische und politikwissenschaftliche Ansätze systematisch analysiert. Über die Fächer hinweg zeigt sich ein wiederkehrendes Muster: Werte entstehen (1) durch Differenz, (2) durch soziale und normative Setzung und (3) wirken als Axiome, die selbst nicht vollständig begründbar, aber für Handeln und Orientierung unverzichtbar sind. Zugleich wird deutlich, dass diese axiomatische Funktion missbrauchsanfällig ist: Autoritäre und totalitäre Systeme legitimieren Unrecht durch die Setzung vermeintlicher Werte, und auch ökonomische Ideologien können destruktive Effekte entfalten, wenn „Effizienz“ oder „Profit“ als oberste Werte verabsolutiert werden. Die zentrale These des Beitrags lautet daher: Wert ist ein transdisziplinäres, relationales und normativ umkämpftes Konzept, das Orientierung ermöglicht, aber nur dann seine zivilisierende Funktion erfüllt, wenn seine Setzungen kritisch reflektiert und demokratisch überprüft werden.

Philosophische Grundlegung

Klassische und zeitgenössische Werttheorien

Kant: Würde und der unbedingte Wert

Im Denken Immanuel Kants (1724–1804) nimmt der Begriff des Wertes eine spezifische Gestalt an. Kant unterscheidet zwischen dem, was einen Preis hat, und dem, was eine Würde besitzt. Dinge, die einen Preis haben, sind ersetzbar und tauschbar. Die menschliche Person hingegen besitzt Würde – einen unbedingten Wert, der nicht verrechnet oder substituiert werden darf. In der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785) heißt es, der Mensch dürfe niemals bloß als Mittel, sondern stets auch als Zweck behandelt werden.1 Damit wird Würde zur Quelle der Moralität und zu einem Maßstab für universelle Normen.
 

Nietzsche: Die Umwertung aller Werte

Friedrich Nietzsche (1844–1900) wendet sich radikal gegen jede Vorstellung von festen, ewigen oder objektiven Werten. Werte sind für ihn Ausdruck von Machtverhältnissen und Lebensdeutungen. In der Genealogie der Moral (1887) zeigt er, wie Begriffe wie „gut“ und „böse“ historisch entstanden sind und wie sie im Rahmen von Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnissen jeweils anders besetzt wurden.2 Sein Programm der „Umwertung aller Werte“ fordert, tradierte Wertordnungen zu hinterfragen und neu zu setzen – nicht aus transzendenter Norm, sondern aus der bejahenden Kraft des Lebens selbst.
 

Max Scheler: Die materiale Wertethik

Max Scheler (1874–1928) begründet eine „materiale Wertethik“. Anders als Kant, der die Moralität in die Form des kategorischen Imperativs fasst, nimmt Scheler an, dass Werte gegeben und intuitiv erfahrbar sind. Er unterscheidet verschiedene Wertstufen: sinnliche Werte (z. B. Lust und Unlust), vitale Werte (Gesundheit, Stärke), geistige Werte (Wahrheit, Schönheit, Gerechtigkeit) und religiöse Werte (Heiliges, Göttliches).3 Werte sind für Scheler objektive Qualitäten, die nicht von individuellen Vorlieben abhängen. Die Ethik besteht darin, die Ordnung dieser Werte zu erkennen und in der Praxis zu achten.
 

Nicolai Hartmann: Schichtung der Werte

Nicolai Hartmann (1882–1950) entwickelt Schelers Wertethik weiter und systematisiert sie stärker. Auch er sieht Werte als objektiv vorgegeben, nicht als bloße subjektive Setzungen. In seiner Ethik (1926) beschreibt er eine Schichtung der Werte: von niederen (z. B. Nützlichkeit, Lust) bis zu höheren (z. B. Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe). 4Werte haben für Hartmann eine „Seinsgeltung“: Sie existieren unabhängig davon, ob Menschen sie anerkennen. Moralisches Handeln bedeutet, dieser objektiven Wertordnung gerecht zu werden, auch wenn sie nie vollständig einlösbar ist.
 

Übergang: Marx und der ökonomische Wertbegriff

Karl Marx (1818–1883) verwendet den Wertbegriff in einem gänzlich anderen Sinn. In seiner Kritik der politischen Ökonomie ist Wert keine normative Größe, sondern eine ökonomische Kategorie. Wert bezeichnet das „gesellschaftlich notwendige Quantum an Arbeit“, das in einer Ware steckt.5 Damit analysiert Marx die Struktur kapitalistischer Produktionsverhältnisse. Anders als Kant, Scheler oder Hartmann geht es ihm nicht um das Gute, Wahre oder Gerechte, sondern um die Formen gesellschaftlicher Vermittlung, die Wert in Warenform annimmt.

Dennoch lässt sich eine Brücke schlagen: Auch Marx zeigt, dass „Wert“ nicht naturgegeben, sondern historisch und gesellschaftlich vermittelt ist. Während Kant und die Wertphilosophen nach dem unveräußerlich Guten suchen, legt Marx offen, wie Wert als soziale Form entsteht und wie er ideologisch verschleiert werden kann (Fetischcharakter der Ware). In diesem Sinn steht Marx quer zu den klassischen Werttheorien, eröffnet aber einen unverzichtbaren sozialkritischen Zugang, der für eine umfassende Werttheorie nicht übergangen werden kann.

Gegenwart: Markus Gabriel und der neue Realismus

Wert als relationale Differenz

Viele Begriffe – darunter auch „Wert“ – gewinnen ihre Bedeutung erst durch Unterscheidung und relationalen Bezug. In Markus Gabriels Sinnfeldontologie existiert etwas genau dadurch, dass es in einem bestimmten Kontext oder „Sinnfeld“ erscheint.6 Werte sind also nicht absolut, sondern gewinnen Bedeutung in Abgrenzung zu Nichtwerten, wobei verschiedene Sinnfelder verschiedene Wertsysteme erzeugen können.
 

Werte als Setzung, Vielfalt der Sinnfelder

Die These, dass Werte gesetzt sind, korrespondiert mit Markus Gabriels Pluralismus der Sinnfelder: Es gibt keine allgemeingültige, übergreifende „Welt“ der Werte – stattdessen existieren Werte real in verschiedenen Bereichen (Kunst, Ethik, Recht usw.), die unterschiedliche Geltungen und Prioritäten hervorbringen. „Wert“ ist damit kein metaphysisches Absolutum, sondern ein im jeweiligen Sinnfeld rechtfertigtes und wirksames Etwas.

Gefährliche Setzungen, Kritik an Reduktionismus

So wie ich Markus Gabriel verstehe, würde er für eine Warnung vor dem Missbrauch von Werten als bloße „Setzung“, etwa durch autoritäre Ideologien, nicht ablehnen. Markus Gabriel kritisiert in vielen Schriften den Reduktionismus (etwa in Politik oder Szientismus), weil dadurch eine einzelne Perspektive als „die“ Wirklichkeit gesetzt wird. Für ihn ist entscheidend, dass unterschiedliche Wertsetzungen in unterschiedlichen Sinnfeldern existieren, deren Rechtfertigung jeweils prüfbar und kritisierbar ist. Wie Gabriel betont, kann der Missbrauch von Werten durch autoritäre Ideologien problematisch sein. Reduktionistische oder monistische Perspektiven setzen einzelne Wertvorstellungen als „universell“ und unterdrücken andere legitime Sichtweisen.

Werte als Axiome

Der Vergleich von Werten mit Axiomen ist wohl auch in der neuzeitlichen Philosophie annehmbar: Auch für Markus Gabriel gibt es Basisannahmen, die Voraussetzung für das Funktionieren von Sinnfeldern sind, aber selbst nicht weiter abgeleitet werden können. Diese sollten immer wieder reflektiert und hinterfragt werden, um Missbrauch und Verfestigungen fragwürdiger Wertsysteme zu vermeiden.

Sinnfeld

In Gabriels Denken ist Wert keine metaphysisch garantierte Eigenschaft, sondern das, was in einem Sinnfeld als wertvoll anerkannt wird. Deshalb müssen Werte als soziale, politische und kulturelle Setzungen kritisch geprüft werden: Ihre Existenz in verschiedenen Sinnfeldern ist real, aber stets an Perspektiven und Kontexte gebunden – und damit immer auch angreifbar und reformierbar

 

Werte als relationale Differenz und Vielfalt der Sinnfelder

Alena Buyx betont immer wieder, dass Werte und Normen nicht absolut, sondern historisch, kulturell und situationsgebunden sind. Sie spricht davon, dass verschiedene gesellschaftliche Gruppen unterschiedliche Werte betonen und dass es gerade die Aufgabe von Ethik ist, diese Unterschiede transparent zu machen und in einen diskursiven Ausgleich zu bringen. Diese Perspektive ist sehr nah an der von Markus Gabriel formulierten Sinnfeldontologie: Werte existieren immer im jeweiligen Kontext und entstehen durch Relation und Differenz, nicht als metaphysisch „Gegebenes“

Werte als Setzung und die Kritik an Dogmatismus

Buyx plädiert dafür, Werte nicht als dogmatisch festgesetzt zu betrachten, sondern immer als Ergebnis von gesellschaftlicher, wissenschaftlicher und politischer Aushandlung. Sie betont, dass auch Werte in der Medizinethik permanent überprüft, rechtfertigt und gegebenenfalls verändert werden müssen, um dem Wandel gesellschaftlicher Herausforderungen zu genügen. Auch vor dem Missbrauch von Werten als reine „Setzung“ oder Legitimation von Ausschluss warnt sie, z.B. in Bezug auf biopolitische Maßnahmen oder digitale Grundrechte.

 

Werte als Axiome und normativer Diskurs

Buyx sieht gewisse moralische Prinzipien als grundlegende, aber reflektierbare Annahmen (wie z.B. Menschenwürde oder Gerechtigkeit). Sie betont aber, dass diese Grundwerte immer argumentativ begründet, kritisch befragt und auf neue Fälle angewandt werden müssen. Es geht ihr nicht um ein starr festgelegtes moralisches System, sondern um eine flexible, aber gut begründete Ethik, in der Offenheit und methodischer Zweifel zentral sind.

 

Umgang mit Wertkonflikten und Reduktionismus

In der Praxis betont Buyx, dass es in normativen Fragen selten eindeutige Antworten gibt. Sie fordert eine Ethik ein, die Abwägungen, Pluralität und Diskurs lebt. Reduktionistische oder monistische Wertansprüche – egal ob von Wissenschaft oder Politik – hält sie für gefährlich: Werte müssen immer im Kontext und unter Abwägung vielfältiger legitimer Interessen betrachtet werden.7

 

 

Metaethische Diskussion: Objektivismus vs. Relativismus, intrinsische vs. instrumentelle Werte

1. Objektivismus vs. Relativismus

Objektivistische Positionen
Der Objektivismus geht davon aus, dass Werte unabhängig von menschlichen Meinungen, Kulturen oder historischen Umständen existieren. Vertreter wie Max Scheler oder Nicolai Hartmann haben Werte als
ontologische Gegebenheiten verstanden: Sie sind nicht bloße Vorlieben, sondern besitzen eine objektive Geltung, die entdeckt werden kann.8 Auch Immanuel Kant kann in dieser Hinsicht als Objektivist gelesen werden, insofern er die Menschenwürde als unbedingten, universell gültigen Wert begründet.9

 

Relativistische Positionen
Demgegenüber betonen relativistische Ansätze, dass Werte
kulturell, historisch und sozial konstruiert sind. Friedrich Nietzsche gehört zu den einflussreichsten frühen Relativisten, insofern er in seiner Genealogie der Moral zeigt, dass die Begriffe „gut“ und „böse“ nicht ewig gültig sind, sondern aus Machtverhältnissen und geschichtlichen Prozessen hervorgehen.10 In der modernen Anthropologie und Soziologie wird diese Perspektive häufig fortgeführt: Werte gelten als kontingente Produkte sozialer Praktiken.

Zwischenpositionen
Zwischen diesen Polen haben sich vermittelnde Positionen entwickelt. Besonders hervorzuheben ist die
Diskursethik von Jürgen Habermas und Karl-Otto Apel, die davon ausgeht, dass Werte und Normen nicht vorgegeben sind, aber im Rahmen eines herrschaftsfreien Diskurses universelle Geltung beanspruchen können.11 Damit soll ein Ausweg aus der Alternative zwischen absolutem Objektivismus und radikalem Relativismus eröffnet werden.

 

2. Intrinsische vs. instrumentelle Werte

 

Intrinsische Werte


Intrinsische Werte sind Werte, die
um ihrer selbst willen wertvoll sind. Ein klassisches Beispiel ist die Menschenwürde: Sie gilt nicht deshalb als wertvoll, weil sie einem weiteren Ziel dient, sondern weil sie selbst als unbedingtes Gut anerkannt wird.12 Auch Begriffe wie „Wahrheit“, „Gerechtigkeit“ oder „Glück“ werden häufig als intrinsische Werte diskutiert.

 

Instrumentelle Werte


Instrumentelle Werte sind demgegenüber Mittel zum Zweck. Sie sind wertvoll nicht an sich, sondern weil sie dazu beitragen, intrinsische Werte zu realisieren. So ist Geld nur insofern wertvoll, als es Möglichkeiten eröffnet, Bedürfnisse zu befriedigen oder Gerechtigkeitssysteme (z. B. Umverteilung) zu finanzieren. Sicherheit kann ebenfalls als instrumenteller Wert verstanden werden: Sie ist nicht Selbstzweck, sondern Grundlage für die Entfaltung von Freiheit und Würde.

 

Philosophische Debatten


Die Unterscheidung geht wesentlich auf die analytische Ethik zurück, insbesondere auf G. E. Moore, der in seiner Principia Ethica (1903) das Konzept des „guten an sich“ starkgemacht hat.13 Moore vertritt die These, dass es grundlegende Werte gibt, die nicht auf anderes zurückführbar sind. Kritiker wie John Mackie haben demgegenüber eine „error theory“ vertreten: Die Annahme objektiver, intrinsischer Werte sei letztlich ein Irrtum, weil es solche Werte nicht wirklich gebe.14

 

3. Bedeutung für die Werttheorie insgesamt

Die metaethische Diskussion zeigt, dass die Frage nach Werten nicht nur darin besteht, welche Werte gelten sollen, sondern auch darin, wie sie überhaupt begründet werden können:

  • Für den Objektivismus ist klar, dass es universelle, intrinsische Werte gibt, die Maßstab jeder Moralität sind. 

  • Der Relativismus hält dagegen, dass Werte immer kontext- und kulturabhängig sind und daher keinen Anspruch auf universelle Geltung erheben können. 

  • Die Unterscheidung zwischen intrinsischen und instrumentellen Werten dient dabei als methodisches Hilfsmittel: Sie macht sichtbar, welche Werte wir als Ziele und welche wir als Mittel betrachten – eine Unterscheidung, die in praktischen Debatten (Recht, Politik, Ökonomie) oft entscheidend ist. 

In der Gegenwart finden wir häufig hybride Positionen: Menschenrechte werden als quasi-intrinsische Werte anerkannt, während viele politische oder ökonomische Güter (Sicherheit, Wohlstand, Effizienz) als instrumentelle Werte verstanden werden, die nur in Relation zu höheren Zielen Bedeutung haben.

 

 

 

Abschluss Metaethik und Übergang zur Soziologie

In der philosophischen Diskussion wird deutlich, dass Wertbegriffe immer zwischen zwei Polen oszillieren: Präzision und Offenheit. Bei Kant tritt die Würde als unbedingter Wert in scharfer Form hervor; bei Nietzsche zerbricht jede vermeintlich feste Ordnung in historische Relativität. Scheler und Hartmann versuchen eine objektive Systematisierung, Marx wiederum entlarvt Wert als soziale Form im Kapitalismus.

Die Metaethik zeigt: Wir können Werte entweder als objektive Tatsachen begreifen, als bloße subjektive Setzungen oder als sprachliche und soziale Praktiken. Jeder dieser Ansätze hat Stärken – aber auch Gefahren. Zu große Präzision droht, in Dogmatismus umzuschlagen; zu große Offenheit in Beliebigkeit.

Genau hier öffnet sich der Weg zur Soziologie: Denn Werte sind nicht nur abstrakte Prinzipien, sondern sie wirken immer schon in konkreten Gemeinschaften, Institutionen und Kulturen. Sie stiften Orientierung, indem sie kollektive Erwartungen formen, Handlungen bewertbar machen und Zugehörigkeit erzeugen. Soziologisch betrachtet sind Werte daher weniger metaphysische Größen als vielmehr soziale Tatsachen (Durkheim), die in Diskursen, Ritualen und Konflikten Gestalt annehmen.

 


Soziologische Perspektive

 

Klassische Theorie: Talcott Parsons – Werte als kollektive Orientierungen

Talcott Parsons (1902–1979) gilt als einer der Gründungsfiguren der modernen Soziologie in den USA. Sein Strukturfunktionalismus entwickelte sich in den 1930er bis 1960er Jahren zu einem dominanten Paradigma. Im Zentrum seiner Theorie steht die Frage: Wie ist soziale Ordnung möglich?15

Parsons’ Antwort lautet: durch geteilte Werte. Gesellschaften funktionieren nicht allein durch Macht oder Zwang, sondern weil ihre Mitglieder ein Set von grundlegenden Orientierungen teilen, die Handlungen koordinieren und Erwartungen stabilisieren. Werte sind bei ihm kulturelle Muster, die Normen und Rollen erst tragfähig machen.

Werte als Bestandteil des Handlungssystems

In Parsons’ AGIL-Schema (Adaption, Goal Attainment, Integration, Latency) nimmt die kulturelle Dimension eine Schlüsselrolle ein. Sie liefert die Werte, die Orientierung stiften und Integration ermöglichen. Werte beantworten grundlegende Fragen wie: „Was gilt als richtiges Handeln?“, „Was ist erstrebenswert?“ oder „Was ist legitim?“

  • Normen: konkrete Regeln des Handelns (z. B. Verkehrsregeln). 

  • Werte: übergeordnete Prinzipien, die Normen legitimieren (z. B. Sicherheit, Ordnung).16 

Damit sind Werte die oberste Ebene der kulturellen Ordnung – sie sind generalisiert, abstrakt und für die Gesellschaft als Ganze gültig.

Werte als kollektive Orientierung

 

Für Parsons bilden Werte die kollektive Basis sozialer Integration. Sie sind nicht nur individuelle Überzeugungen, sondern werden in Sozialisation und Institutionen verankert. Beispielsweise:

  • In den USA der Nachkriegszeit sieht Parsons Werte wie Leistung, Rationalität, Demokratie und Familie als kulturelle Leitideen.17 
  • Diese Werte ermöglichen es Individuen, ihre Rollen (z. B. als Arbeitnehmer, Familienmitglied, Bürger) zu erfüllen, ohne dass permanente Konflikte entstehen. 

Werte sind damit „Orientierungsmuster“, die eine Gesellschaft zusammenhalten, weil sie gemeinsame Erwartungen an Handlungen formulieren.

Kritik und Bedeutung

Parsons wurde später (besonders in den 1960ern und 70ern) heftig kritisiert, weil sein Modell stabilitätsorientiert ist: Er erklärt gut, wie Ordnung und Integration funktionieren, aber weniger, wie Konflikte, Wandel oder Machtkämpfe entstehen. Für die Wertsoziologie bleibt er dennoch zentral, weil er erstmals systematisch gezeigt hat, dass Werte nicht Nebensache, sondern die eigentliche Grundlage sozialer Ordnung sind.

 

Von Parsons zu Luhmann

Während Parsons Werte als Integrationskitt der Gesellschaft versteht, wendet Niklas Luhmann diese Perspektive radikal: In seiner Theorie sozialer Systeme werden Werte nicht mehr als harmonische Gemeinsamkeit gedacht, sondern als Differenzen, die Kommunikation ermöglichen. Wo Parsons das Gemeinsame betont, rückt Luhmann die Unterscheidung – etwa zwischen „recht/unrecht“ oder „wahr/unwahr“ – ins Zentrum. Damit verschiebt sich der Fokus: von Werten als kollektiver Einheit hin zu Werten als funktionaler Differenz in hochdifferenzierten Gesellschaften.

 

Werte als symbolische Generalisierungen – Niklas Luhmann

Niklas Luhmann (1927–1998) gilt als der einflussreichste Systemtheoretiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit seinem Hauptwerk Die Gesellschaft der Gesellschaft (1997) 18 entwickelt er eine Theorie, die Gesellschaft nicht als Gemeinschaft von Menschen, sondern als System von Kommunikationen versteht. Werte erscheinen in diesem Rahmen nicht mehr als kollektiver „Kitt“ (wie bei Parsons), sondern als Unterscheidungen, die Kommunikation strukturieren.
 

Werte als symbolische Generalisierungen

Luhmann spricht von „symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien“. Damit sind Mechanismen gemeint, die Kommunikation vereinfachen und stabilisieren, weil sie eine hohe Anschlussfähigkeit ermöglichen. Beispiele:

  • Wirtschaft: Geld als Medium → Zahlungen/Nicht-Zahlungen. 

  • Politik: Macht als Medium → Zustimmung/Ablehnung. 

  • Recht: Wahrheit/Unwahrheit, Recht/Unrecht. 

Auch Werte können in diesem Sinne als symbolische Generalisierungen verstanden werden: Sie verdichten Erwartungen in binäre Unterscheidungen (z. B. gerecht/ungerecht, gut/böse), an denen Kommunikation anschließen kann. Werte schaffen also Orientierung durch Differenz.

Werte und Codes

Luhmann beschreibt gesellschaftliche Teilsysteme (Recht, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft) als funktional differenziert. Jedes System operiert nach einem spezifischen binären Code:

  • Rechtssystem: recht/unrecht 

  • Wirtschaftssystem: zahlen/nicht zahlen 

  • Wissenschaftssystem: wahr/unwahr 

  • Politiksystem: Macht/Ohnmacht 

Werte erscheinen in diesem Kontext nicht als gemeinsame Überzeugungen, sondern als Beobachtung zweiter Ordnung: Sie sind Reflexionen über die Codes, die bestimmten Präferenzen Ausdruck verleihen. So kann etwa „Gerechtigkeit“ als Wert die Operationen des Rechts nicht direkt steuern, aber den Umgang mit dem Code recht/unrecht kritisch rahmen.

Wert/Unwert-Differenz

Für Luhmann ist entscheidend: Werte sind untrennbar mit ihrem Gegenteil verbunden. „Gerechtigkeit“ existiert nur im Verhältnis zu „Ungerechtigkeit“, „Ehrlichkeit“ nur im Gegensatz zur „Lüge“. Damit ist Wert kein absolutes Gut, sondern eine relationale Unterscheidung, die Kommunikation strukturierbar macht. Werte funktionieren also als semantische Werkzeuge, die gesellschaftliche Sinnproduktion organisieren.

Kritik und Bedeutung

Luhmanns Theorie macht klar: Werte sind nicht harmonische Gemeinsamkeiten, sondern kommunikative Differenzen. Ihr Sinn besteht darin, Anschlusskommunikation zu ermöglichen, nicht darin, letzte Wahrheiten zu garantieren. Kritiker werfen Luhmann jedoch vor, dass seine Theorie den normativen Kern von Werten entleere – sie beschreibt, wie Werte funktionieren, sagt aber wenig darüber, wie sie „gelten sollen“.

Von Luhmann zu Inglehart

Damit unterscheidet sich Luhmann radikal von Parsons: Statt Integration durch gemeinsame Werte geht es bei ihm um Differenz und funktionale Spezialisierung. Ein dritter Zugang – etwa bei Ronald Inglehart – untersucht dagegen empirisch, wie Werte tatsächlich im Wandel sind: von materiellen Grundbedürfnissen hin zu postmaterialistischen Prioritäten wie Selbstverwirklichung und Umweltbewusstsein.

 

 

Werte als empirische Phänomene im Wandel – Ronald Inglehart

Während Talcott Parsons und Niklas Luhmann Werte primär als theoretische Bausteine der Gesellschaft betrachten – sei es als „Integrationskitt“ oder als „funktionale Differenz“ –, verfolgt der Politikwissenschaftler Ronald Inglehart (1934–2021) einen radikal empirischen Ansatz. Für ihn sind Werte keine abstrakten Prinzipien, sondern messbare soziale Tatsachen, die sich in Gesellschaften über Generationen hinweg verändern.19

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Materialistische versus postmaterialistische Werte

Ingleharts Hauptthese lautet: In den westlichen Industrienationen vollzieht sich seit der Nachkriegszeit ein Übergang von materiellen zu postmaterialistischen Werten.

  • Materialistische Werte: Sicherheit, wirtschaftliche Stabilität, Ordnung – Prioritäten der Generationen, die in Kriegs- oder Notzeiten sozialisiert wurden. 

  • Postmaterialistische Werte: Selbstverwirklichung, Umweltschutz, Meinungsfreiheit, Lebensqualität – Prioritäten der Generationen, die in relativer Sicherheit und Wohlstand aufwuchsen. 

Erklärungsmodelle

Inglehart begründet den Wandel mit zwei Hypothesen:

  1. Knappheitshypothese: Menschen setzen in ihrer Wertpriorität das, was in ihrer Jugend knapp war, in den Mittelpunkt. 

  2. Sozialisationshypothese: Werte bleiben stabil, wenn sie in der prägendsten Lebensphase (Jugend/ frühes Erwachsenenalter) internalisiert werden; gesellschaftlicher Wandel folgt daher generationalen Veränderungen20 

Empirische Basis: World Values Survey

Seine Forschung stützt sich auf die World Values Survey, ein globales, wiederholtes Erhebungsprojekt, das Werte und Einstellungen über Länder und Zeiträume hinweg dokumentiert. Die Daten zeigen:

  • Gesellschaften verschieben sich in Richtung individualistischer, toleranter und partizipativer Werte

  • Neue Wertprioritäten entstehen nicht zufällig, sondern messbar aus historischen und sozialen Bedingungen21 

 

Ingleharts Forschung, die auf den Daten der World Values Survey beruht, zeigt diesen Wandel über Jahrzehnte hinweg. So stellt er fest, dass kollektive Werte zunehmend individualistischer, toleranter und partizipativer werden, was einen starken Kontrast zu den von Parsons beschriebenen kollektiven Werten der Nachkriegsgesellschaft darstellt.

 

Die soziologische Gegenwart: Armin Nassehi und die soziale Produktion von Werten

Während Ronald Inglehart Werte als empirisch messbare Phänomene des gesellschaftlichen Wandels untersucht und Niklas Luhmann sie als systeminterne Kommunikationscodes analysiert, erweitert Armin Nassehi (geb. 1964) diese Perspektiven um eine differenzierte Reflexion der Gegenwartsgesellschaft.22

 

Werte als relationale Differenz

Nassehi greift die zentrale Luhmannsche Einsicht auf: Werte entstehen immer durch Differenzbildung. Das „Wertvolle“ ist nur erkennbar, weil es sich vom „Unwertvollen“ abgrenzt. Werte existieren demnach nicht als metaphysische Wahrheiten, sondern als relationale Unterscheidungen, die soziale Systeme für Selbstbeobachtung und Handlungssteuerung nutzen. So strukturiert beispielsweise:

  • das Rechtssystem Kommunikation über die Unterscheidung recht/unrecht

  • das Wirtschaftssystem über zahlen/nicht zahlen

  • das Wissenschaftssystem über wahr/unwahr23 

 

 

Pluralität der Wertesysteme

Für Nassehi ist Gesellschaft funktional differenziert: jedes Teilsystem produziert eigene Werte, die sich nicht auf ein gemeinsames „Wir“ reduzieren lassen. Die zentrale Gefahr liegt nicht in der Existenz von Werten, sondern im Reduktionismus, der die Vielfalt der Systeme missachtet. Werden etwa politische Werte über wissenschaftliche Erkenntnisse gestellt, entsteht ein Funktionsverlust, der Gesellschaften vulnerabel für autoritäre Setzungen macht.

Werte als Axiome und Reflexionsaufgabe

Nassehi vergleicht Werte mit Axiomen: sie sind notwendig für Handlungsfähigkeit, müssen aber nicht vollständig begründet werden. Entscheidend ist die reflexive Behandlung dieser Axiome: Transparenz, Kritikfähigkeit und Diskursfähigkeit sichern ihre Funktion in einer modernen Gesellschaft. Werte sind somit keine festen Endpunkte, sondern prozedurale Ordnungen, die Orientierung geben, aber offen für Wandel und Kritik bleiben.

Von der Soziologie zur Metaethik und Philosophie

Dieser Ansatz ermöglicht eine direkte Verbindung zurück zur philosophischen und metaethischen Diskussion:

  • Werte sind gesetzt und relational (Markus Gabriel, Alena Buyx), 

  • sie strukturieren Handlungen und Gesellschaften, 

  • und sie müssen kritisch beobachtet werden, um Dogmatismus und autoritäre Setzungen zu vermeiden. 

Damit schließt Nassehi die Brücke von der klassischen und systemtheoretischen Soziologie zu einem zeitgenössischen, reflexiven Verständnis von Werten und bildet den Übergang zu normativen und philosophischen Betrachtungen.

 

 

Juristische Perspektive

 

 

Verfassungsrechtliche Wertordnung (BVerfG)

 

Die juristische Perspektive auf Werte beginnt mit der Einsicht, dass das Recht nicht Werte schafft, sondern sie interpretiert, schützt und operationalisiert. Dies gilt besonders für die Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, wo das Grundgesetz als normatives Fundament eine axiomatisch gesetzte Wertordnung etabliert.

Menschenwürde als zentraler Wert

Art. 1 Abs. 1 GG bestimmt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Diese Formulierung ist einzigartig für ihre Zeit: Sie macht Menschenwürde zum unbedingten Wert, der über allen staatlichen Handlungen steht. Anders als viele internationale Menschenrechtsdokumente der Zeit (z. B. die UN-Menschenrechtsdeklaration von 1948) legt das Grundgesetz den Wert der Menschenwürde als unmittelbar bindend fest und bildet damit die Grundlage für alle weiteren Grundrechte.

Historische Reflexion: Radbruch und NS-Justiz

Nach der Erfahrung der NS-Justiz stellte Gustav Radbruch (1878–1949) die Frage nach der Geltung von Gesetzen, die elementare Gerechtigkeit verletzen. Radbruch argumentierte, dass Recht ohne Gerechtigkeit seine Legitimität verliere. Diese Reflexion zeigt, dass Werte nicht statisch sind: Die Interpretation von Recht ist notwendig, um Missbrauch zu verhindern, und das BVerfG übernimmt diese Aufgabe in der Bundesrepublik.

Das BVerfG als Interpretationsinstanz

Das Bundesverfassungsgericht setzt Werte nicht neu, sondern interpretiert die axiomatisch gesetzten Werte des Grundgesetzes. So gewährleistet es, dass Grundrechte, insbesondere Menschenwürde, in konkreten Fällen umgesetzt werden. Ein praktisches Beispiel ist das Asylrecht (Art. 16a GG), das nach dem Zweiten Weltkrieg als unbedingter Wert eingeführt, später aber modifiziert wurde. Das Gericht prüft und interpretiert diese Werte fortlaufend im Lichte aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen.

Internationale Einbettung

Das Grundgesetz steht in einem übergeordneten Kontext internationaler Werte:

  • UN-Menschenrechtsdeklaration 1948 

  • Europäische Menschenrechtskonvention
    Diese Dokumente setzen globale Standards für Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit. Das Grundgesetz ergänzt diese durch die explizite, unmittelbare Verbindlichkeit der Menschenwürde, wodurch nationale Erfahrungen mit historischer Barbarei (Nationalsozialismus) und universellen Normen verbunden werden. 

Die verfassungsrechtliche Wertordnung zeigt, dass Werte im Rechtssystem:

  1. axiomatisch gesetzt sind (Menschenwürde, Grundrechte), 

  2. interpretiert und operationalisiert werden müssen (BVerfG), 

  3. historisch reflektiert sein sollten (Radebruch, NS-Justiz), 

  4. international eingebettet sind (Menschenrechtsdokumente). 

Damit bildet die juristische Perspektive die Grundlage für die normative Dimension der Werttheorie und verknüpft sie zugleich mit gesellschaftlicher Realität und historischer Verantwortung.

 

Abgrenzung von Wert versus Unwert im Strafrecht

Im Strafrecht wird die Unterscheidung zwischen Wert und Unwert besonders deutlich: Sie bildet die Grundlage dafür, was strafbar ist und wie gesellschaftliche Normen durchgesetzt werden. Werte wie Menschenwürde, Leben, Freiheit und Gerechtigkeit stehen dem Unwert von Gewalt, Mord und systematischer Entrechtung gegenüber.

Ein prägnantes historisches Beispiel liefert Fritz Bauer (1903–1968), der Frankfurter Staatsanwalt, der die Strafverfolgung von NS-Verbrechern entscheidend vorantrieb. Bauer spielte eine zentrale Rolle bei der Ergreifung von Adolf Eichmann in Argentinien und war Hauptinitiator der Frankfurter Auschwitz-Prozesse (1963–1965). Ohne die Werte dieses einzelnen Staatsanwaltes – insbesondere seine Überzeugung von Gerechtigkeit, moralischer Verantwortung und der Pflicht, das Unrecht aufzuarbeiten – wäre die deutsche Justiz in der frühen Bundesrepublik kaum in der Lage gewesen, die NS-Verbrechen konsequent zu verfolgen.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass Werte im Strafrecht nicht abstrakt bleiben, sondern handlungsleitend werden. Sie bestimmen, welche Taten als gesellschaftlich und rechtlich unwertig gelten und verfolgt werden müssen. Gleichzeitig zeigt sich, dass die Institutionen allein ohne die moralische Orientierung einzelner Akteure die Durchsetzung von Werten nicht gewährleisten können, besonders in einem historischen Kontext, in dem die NS-Traditionen und Strukturen noch nachwirkten.

Die Abgrenzung von Wert und Unwert im Strafrecht ist damit nicht nur juristisch, sondern auch moralisch und historisch relevant. Sie zeigt: Werte wirken als normativer Maßstab für Rechtsprechung, werden aber erst durch konkrete Personen, Institutionen und gesellschaftliche Kontexte handlungswirksam.

 

Werte als verfassungsrechtliche Setzungen

Neben philosophischen und soziologischen Analysen bietet die Rechtswissenschaft eine eigenständige Perspektive auf Werte. Frauke Brosius-Gersdorf (geb. 1965) betont, dass Werte wie die Menschenwürde nicht naturgegeben sind, sondern durch das Grundgesetz als normative, rechtsverbindliche Kategorien gesetzt werden24
 

Werte als rechtsverbindliche Setzungen

Für Brosius-Gersdorf werden Werte erst durch juristische Setzung zu konkreten, einklagbaren Normen. Dieser Prozess unterscheidet sich von biologischen oder kulturellen Setzungen: Die Rechtsordnung macht eine philosophische Idee zu einem verbindlichen Maßstab für Handeln und Rechtsprechung. Die Entscheidung, ab wann und wie ein Wert wie die Menschenwürde rechtlich geschützt wird, ist damit bewusst juristisch gesteuert.

Reflexion und Vermeidung dogmatischer Wertfestlegung

Brosius-Gersdorf warnt vor dem Fehlschluss, dass die bloße gesetzliche Setzung eines Wertes ihn automatisch ethisch unanfechtbar macht. Jedes gesetzliche Werturteil muss auf:

  • Angemessenheit

  • Grundrechtsschutz, und 

  • Diskriminierungspotenzial
    hin überprüft werden. Werte sind somit reflexive Axiome, die ständiger Interpretation und Anpassung bedürfen25 

Werte operationalisieren – Aufgabe von Rechtsprechung und Gesetzgeber

Das Grundgesetz sieht die Menschenwürde als zentrales Axiom, dessen konkrete Reichweite jedoch durch Rechtsprechung und Gesetzgebung immer wieder neu auszulegen und zu konkretisieren ist. Diese Reflexionspflicht gilt gleichermaßen für Gesetzgeber, Richter und Anwender und dient dazu, die Pluralität der Gesellschaft zu achten und die Grundrechte zu schützen.

Schlussfolgerung

Die Perspektive von Brosius-Gersdorf ergänzt die philosophische und soziologische Analyse um eine praktische Dimension: Werte sind nicht nur Differenzierungen oder Setzungen, sondern müssen konkret formuliert, geschützt und vor Missbrauch bewahrt werden. Damit wird der Wertediskurs zu einer zentralen Frage der Demokratie und des menschlichen Zusammenlebens.

Werte im Verfassungsrecht und Strafrecht

1. Verfassungsrechtliche Wertordnung (BVerfG)

Werte im Recht sind nicht abstrakte philosophische Konstrukte, sondern rechtsverbindlich gesetzt. Das Grundgesetz bildet nach dem Zweiten Weltkrieg eine axiomatische Wertordnung, die zentrale Prinzipien wie die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) festlegt. Die Einbettung in die nationale Rechtsordnung macht Werte einklagbar und operationalisiert sie für Staat und Gesellschaft26
Das Bundesverfassungsgericht interpretiert diese Werte, es setzt sie nicht neu, sondern prüft ihre Anwendung in konkreten Fällen. Historische Reflexionen, etwa die NS-Justiz, zeigen die Notwendigkeit, dass Werte kritisch interpretiert und durchgesetzt werden müssen, um Missbrauch zu verhindern. Beispiele wie das Asylrecht (Art. 16a GG) verdeutlichen, dass Werte zwar gesetzlich festgelegt, aber in ihrer konkreten Ausgestaltung flexibel sind und gesellschaftlichen Veränderungen unterliegen.27

 

2. Abgrenzung von Wert versus Unwert im Strafrecht

Im Strafrecht wird die Unterscheidung zwischen Wert und Unwert operationalisiert: Grundrechte und Menschenwürde stehen dem Unwert von Gewalt, Mord und systematischer Entrechtung gegenüber. Ein historisches Beispiel ist Fritz Bauer, der als Frankfurter Staatsanwalt die Strafverfolgung von NS-Verbrechern vorantrieb. Ohne Bauers Werteorientierung – Gerechtigkeit, moralische Verantwortung, Pflicht zur Aufarbeitung – hätte die Justiz die NS-Verbrechen in der frühen Bundesrepublik kaum konsequent verfolg.28
 

3. Werte als reflexive Axiome – Brosius-Gersdorf

Frauke Brosius-Gersdorf betont, dass Werte im Grundgesetz wie Axiome gesetzt sind: Sie bilden fundamentale normative Orientierungen, deren konkrete Reichweite aber durch Rechtsprechung und Gesetzgebung interpretiert werden muss. Werte sind somit reflexive Axiome: Sie sind unverzichtbar für das Funktionieren der Rechtsordnung, aber ihre Anwendung erfordert ständige Überprüfung auf Angemessenheit, Grundrechtsschutz und Diskriminierungsfreiheit29
 

4. Juristische Spannungsfelder: Dogmatik versus Hermeneutik

Die Spannungen zwischen stabiler Dogmatik und dynamischer Rechtshermeneutik lassen sich über zwei aktuelle Perspektiven verdeutlichen:

  • Christian Waldhoff: Werte im Recht müssen sich in einer klaren juristischen Dogmatik manifestieren. Axiome wie die Menschenwürde sind festgeschrieben, ihre normative Verbindlichkeit steht nicht zur Disposition. Die Gefahr „gefährlicher Setzungen“ wird durch strikte Einhaltung verfassungsrechtlicher Normen und Verfahren kontrolliert.30 
  • Gert-Jan van Mechelen: Werte sind historisch und kulturell variabel. Das Recht ist ein Sinnfeld, in dem Normen ständig im Licht gesellschaftlicher und moralischer Entwicklungen ausgelegt werden müssen. Richter und Juristen tragen die Verantwortung, die Werte lebendig zu halten und Ungerechtigkeiten oder veraltete Wertvorstellungen zu vermeiden.31 

5. Zusammengefasst


Die juristische Perspektive zeigt, dass Werte im Recht fest verankert, aber nicht starr sind. Sie sind axiomatisch gesetzt (BVerfG, Grundgesetz), aber ihre Anwendung und Interpretation erfordert Reflexion, methodische Sorgfalt und Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen (Brosius-Gersdorf, van Mechelen). Damit entstehen Werte im Recht als dynamische, rechtsverbindliche Orientierungspunkte, die sowohl Stabilität als auch Flexibilität gewährleisten.

 

Menschenwürde als unantastbarer Wert versus historischer Missbrauch von „Werten“

Die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) gilt im deutschen Verfassungsrecht als unantastbarer, fundamentaler Wert. Sie bildet das axiomatische Fundament der Rechtsordnung und ist zugleich Ausdruck eines normativen Konsenses, der nach der Barbarei des Zweiten Weltkriegs gezielt gesetzt wurde. Diese Setzung reflektiert das historische Bewusstsein über den Missbrauch von Werten in der NS-Zeit, als ideologische Konstrukte wie „Rassenreinheit“ oder „Euthanasie“ per Gesetz legitimiert wurden.

Historische Perspektive: NS-Verbrechen und Werteverfall

Unter der NS-Justiz wurden Werte wie Recht, Ordnung und Staatsgehorsam instrumentell genutzt, um Unrecht zu legitimieren. Richter, Staatsanwälte und Verwaltungsbeamte handelten nach „gesetzlichen“ Vorgaben, die moralisch und ethisch verwerflich waren. Fritz Bauer und andere Akteure der Nachkriegszeit zeigen, dass die Wiederherstellung moralisch fundierter Werte im Recht nicht automatisch erfolgt: Werte müssen bewusst interpretiert und durchgesetzt werden, um die Justiz vor Wiederholungen historischen Versagens zu schützen.32
 

Juristische Lehren aus der NS-Zeit

  1. Dogmatische Absicherung: Axiome wie die Menschenwürde dürfen nicht relativiert werden; sie bilden die Stabile Basis der Rechtsordnung (vgl. Waldhoff). 

  2. Reflexive Interpretation: Werte müssen im historischen und gesellschaftlichen Kontext interpretiert werden, um Missbrauch zu verhindern (vgl. van Mechelen). 

  3. Institutionelle Verantwortung: Gerichtsbarkeit, Staatsanwaltschaft und Gesetzgebung tragen Verantwortung, dass gesetzlich verankerte Werte nicht zu Instrumenten von Machtmissbrauch werden. 

Die historische Erfahrung verdeutlicht, dass Werte im Recht axiomatisch und verbindlich gesetzt werden müssen, gleichzeitig aber kontinuierlich reflektiert und hermeneutisch interpretiert werden müssen, um Missbrauch zu verhindern. Die Menschenwürde ist nicht nur normatives Axiom, sondern praktisch wirksamer Orientierungswert, dessen Einhaltung ständige Wachsamkeit von Gesetzgeber, Richter und Gesellschaft erfordert.

 

Ökonomische Perspektive

Klassische Wertlehren: Aristoteles, Smith, Ricardo, Marx

Die ökonomische Diskussion über Wert beginnt in der Antike und entwickelt sich über die klassische Nationalökonomie bis hin zu Marx. Obwohl die Begriffe und Methoden variieren, zeigt sich ein wiederkehrendes Prinzip: Wert entsteht relational und gesellschaftlich vermittelt, oft durch Abgrenzung und Setzung.

Aristoteles: Gebrauchswert versus Tauschwert

Aristoteles (384–322 v. Chr.) unterscheidet zwischen dem Gebrauchswert eines Gutes (sein Nutzen im konkreten Gebrauch) und seinem Tauschwert (sein Wert im Austauschverhältnis).33 Wert entsteht also nicht absolut, sondern durch das Verhältnis eines Gutes zu anderen Gütern und zu menschlichen Bedürfnissen. Damit ist bereits ein relationales Verständnis von Wert angelegt: Etwas ist wertvoll, weil es sich von anderen Dingen unterscheidet und eine bestimmte Funktion erfüllt.
 

Adam Smith: Arbeitswert und gesellschaftliche Vermittlung

Adam Smith (1723–1790) entwickelt die Idee, dass Wert im Wesentlichen durch Arbeit bestimmt wird, die in eine Ware investiert wird.34 Im Wohlstand der Nationen zeigt er, dass der Preis eines Gutes die gesellschaftlich erforderliche Arbeit widerspiegelt. Wert entsteht hier aus der interpersonellen Relation: nicht das Gut an sich ist wertvoll, sondern das Verhältnis von Arbeitsaufwand, Nutzen und Tauschmöglichkeit im gesellschaftlichen Kontext.
 

David Ricardo: Arbeitswert und Austausch

David Ricardo (1772–1823) präzisiert diese Arbeitswerttheorie und betont die Rolle der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit als Maß für Wert.35 Wert wird damit nicht individuell, sondern historisch und gesellschaftlich vermittelt: Was wertvoll ist, hängt davon ab, wie viel gesellschaftlich anerkannte Arbeit notwendig ist, um es herzustellen. Auch hier wird Wert relational verstanden – er existiert erst im Austausch und im Vergleich zu anderen Waren.
 

Karl Marx: Wert als gesellschaftliche Form

Karl Marx (1818–1883) verschiebt den Fokus radikal: In der Kritik der politischen Ökonomie bezeichnet Wert das gesellschaftlich notwendige Quantum an Arbeit, das in einer Ware steckt. Wert ist keine normative Größe (gut oder schlecht), sondern eine soziale Kategorie, die die Struktur kapitalistischer Produktionsverhältnisse beschreibt.36 Marx zeigt, dass der Tauschwert von Waren den Fetischcharakter der Ware annimmt: Wert erscheint als Eigenschaft der Dinge, obwohl er historisch und sozial vermittelt ist.

 

Die klassischen Ökonomen demonstrieren, dass Wert immer relational ist:

  • Aristoteles: Differenz von Gebrauch und Austausch. 

  • Smith & Ricardo: Differenz zwischen individueller und gesellschaftlich notwendiger Arbeit. 

  • Marx: Historisch und sozial vermittelte Relation von Arbeit, Gesellschaft und Tauschwert. 

Auch wenn Marx den normativen Gehalt klassischer Wertethik ausklammert, bleibt die Grundstruktur erhalten: Wert existiert nur im Verhältnis, wird gesetzt und ist in gesellschaftliche Strukturen eingebettet

 
Neoklassik: Subjektive Wertlehre (Grenznutzen)

 

Mit dem Übergang ins 19. Jahrhundert verschiebt sich die ökonomische Wertdebatte: Von objektiven Maßstäben wie Arbeit oder Produktionskosten hin zu einem subjektiven Verständnis. Die sogenannte Grenznutzentheorie (u. a. Carl Menger37, William Stanley Jevons38, Léon Walras39) markiert diese Wende.
 

Subjektiver Wert

In der neoklassischen Ökonomie ist Wert nicht länger in der Arbeit verankert, sondern im Nutzen, den ein Individuum aus einem Gut zieht. Entscheidend ist nicht der durchschnittliche Aufwand, sondern die individuelle Präferenz: Ein Glas Wasser ist in der Wüste unschätzbar wertvoll, während es in einer Großstadt kaum einen Preis erzielt.

Grenznutzen als Differenz

Besonders prägend ist das Konzept des Grenznutzens: Der Wert eines Gutes nimmt mit jeder zusätzlichen Einheit ab. Das erste Brot stillt den Hunger, das zweite bringt noch Genuss, das zehnte verliert fast jede Bedeutung. Damit ist Wert explizit relational und differenziell – er existiert nur im Verhältnis zu Alternativen und im Vergleich der jeweiligen Situation.

Rationalität und Marktgleichgewicht

Die Neoklassik baut auf der Annahme rationaler Akteure, die nach Nutzenmaximierung streben. Werte sind also nicht nur subjektiv, sondern auch vergleichbar: Preise im Markt spiegeln die aggregierten individuellen Präferenzen wider. Der Markt wird damit zur Instanz, die Werte in Form von Preisen sichtbar und verbindlich macht.

Unterschied zur klassischen Wertlehre

Während Smith, Ricardo und Marx Wert an objektive Größen (Arbeit, Produktionszeit) binden, entkoppelt die Neoklassik Wert vollständig von solchen Grundlagen. Wert ist rein subjektiv, kontextabhängig und individuell gesetzt.

Die neoklassische Wertlehre bestätigt zentrale Elemente einer allgemeinen Wertanalyse:

  • Wert als Differenz (Grenznutzen entsteht nur im Vergleich). 

  • Wert als Setzung (individuelle Präferenzen legen fest, was wertvoll ist). 

  • Gefährliche Setzungen (wenn Märkte falsche Anreize setzen, etwa bei Spekulationsblasen). 

Damit markiert die Neoklassik einen Bruch mit den klassischen Theorien: Wert ist nicht mehr gesellschaftlich oder historisch verankert, sondern Ergebnis individueller Entscheidungen und kollektiver Marktmechanismen.

 

Behavioral Economics

 

Die Verhaltensökonomik (u. a. Daniel Kahneman40, Richard Thaler41) hat den subjektiven Wertbegriff weiterentwickelt. Sie zeigt, dass Menschen nicht streng rational handeln, sondern Wertzuschreibungen durch kognitive Verzerrungen, Heuristiken und soziale Vergleiche geprägt sind. Beispiele sind der Framing-Effekt (der gleiche Sachverhalt erscheint unterschiedlich wertvoll, je nach Darstellung) oder die Verlustaversion (Verluste werden stärker gewichtet als gleich große Gewinne). Wert ist also nicht nur subjektiv, sondern auch psychologisch und sozial konstruiert.4243
 

Wertepluralismus in der Ökonomie

Die modernen Ansätze zeigen, dass es in der Ökonomie nicht mehr nur um den „Preis“ als Ausdruck des Wertes geht. Vielmehr überlagern sich verschiedene Wertdimensionen:

  • Ökonomischer Wert (Preis, Gewinn, Effizienz), 

  • Sozialer Wert (Fairness, Teilhabe), 

  • Ökologischer Wert (Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung). 

Dieser Pluralismus verdeutlicht, dass ökonomische Werte nicht isoliert existieren, sondern eingebettet sind in gesellschaftliche Debatten und politische Entscheidungen.

Zusammenfassung

Die neueren Ansätze führen die Linie einer allgemeinen Wertanalyse konsequent fort:

  • Wert als Differenz (z. B. Verlust vs. Gewinn, nachhaltiges vs. nicht-nachhaltiges Handeln). 

  • Wert als Setzung (gesellschaftlich formulierte Leitbilder wie „Nachhaltigkeit“ oder „Transparenz“). 

  • Gefährliche Setzungen (wenn Unternehmen „Werte“ instrumentalisieren, um Greenwashing oder Profitinteressen zu verschleiern). 

Damit wird deutlich: In der zeitgenössischen Wirtschaft ist Wert nicht mehr nur eine Frage von Preisen und Märkten, sondern ein komplexes Geflecht aus ökonomischen, sozialen und normativen Dimensionen.


Spieltheorie und Rational Choice: Wert als Strategie und Nutzenfunktion

 

Von Neumann/Morgenstern: Wert als erwarteter Nutzen

Mit der Theory of Games and Economic Behavior (1944)44 begründeten John von Neumann und Oskar Morgenstern die moderne Spieltheorie. Sie stellten die These auf, dass man individuelles Verhalten in strategischen Situationen mathematisch modellieren könne. Der zentrale Begriff ist der erwartete Nutzen: Menschen wählen jene Handlungsoption, die ihnen den höchsten erwarteten Wert bringt, unter Berücksichtigung der Entscheidungen anderer.
Damit wird Wert zu einer mathematischen Funktion: Er ist nicht mehr nur subjektiv empfunden oder gesellschaftlich vermittelt, sondern lässt sich in Formeln ausdrücken – als Nutzenfunktion, die den Präferenzen eines Akteurs entspricht.45
 

Rational Choice Theory: Wert als Kalkül

Gary S. Becker und andere erweiterten diesen Ansatz zur Rational Choice Theory46: Alle sozialen Phänomene – von Kriminalität über Familie bis hin zu Politik – lassen sich auf rationale Nutzenkalküle zurückführen. Werte erscheinen hier als messbare Präferenzen, die Individuen gegeneinander abwägen. „Wertvoll“ ist, was in einer bestimmten Entscheidungssituation den höchsten Nutzen verspricht.
 

Grenzen: Das Messproblem

Doch gerade hier zeigt sich die Schwäche:

  • Von Neumann/Morgenstern selbst betonten, dass man zwar mathematisch korrekt Nutzenfunktionen formulieren kann, dass aber das Messen von Präferenzen fundamental unsicher bleibt. 

  • Menschen handeln oft nicht rational im Sinne der Theorie (siehe Behavioral Economics). 

  • Viele Werte lassen sich nicht in Nutzenfunktionen übersetzen (Menschenwürde, Gerechtigkeit, Liebe). 

Die Spieltheorie zeigt also: Wir können Wert als Strategie modellieren, aber nicht in seiner ganzen Tiefe messen.47

Spieltheorie und Rational Choice erweitern den ökonomischen Wertbegriff, indem sie ihn formal und mathematisch operationalisierbar machen. Doch sie bestätigen letztlich jedoch:

  • Wert bleibt relational (strategisch im Verhältnis zu anderen Spielern). 

  • Wert bleibt gesetzt (Nutzenfunktionen sind Modellannahmen, keine Naturgesetze). 

  • Gefährliche Setzungen entstehen, wenn man das Modell mit der Realität verwechselt und glaubt, man könne Werte tatsächlich lückenlos berechnen. 

Damit ist die Spieltheorie ein wichtiger Zwischenschritt: Sie zeigt die Faszination und die Grenzen mathematischer Wertmessung – und bereitet den Boden für die Kritik der Behavioral Economics und die neueren Debatten um Unternehmensethik und CSR.

Zeitgenössische Ökonomie und Werte

Marcel Fratzscher: Werte im Spannungsfeld von Teilhabe und Ungleichheit

Der deutsche Ökonom Marcel Fratzscher (*1969), Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), betont in seinen Schriften48, dass ökonomische Fragen stets auch Wertfragen sind. Werte wie Chancengleichheit, Gerechtigkeit und Teilhabe sind für ihn nicht selbstverständlich, sondern werden durch politische Institutionen und wirtschaftliche Strukturen gesetzt und verhandelt.
Fratzscher zeigt, dass Werte im ökonomischen Diskurs relational funktionieren: „Leistungsgerechtigkeit“ etwa erhält nur Sinn in Abgrenzung zu empfundenen Ungerechtigkeiten, etwa im Steuer- oder Bildungssystem. Zugleich warnt er vor gefährlichen Setzungen – etwa dann, wenn politische Eliten Ungleichheit durch die rhetorische Berufung auf „Leistung“ rechtfertigen. Für Fratzscher sind Werte zwar Axiome im Sinne grundlegender Orientierungen, doch sie müssen empirisch überprüfbar und gesellschaftlich legitimierbar bleiben.49
 

Thomas Piketty: Gleichheit als historisches Wertaxiom

Der französische Ökonom Thomas Piketty (*1971) hat mit Capital in the Twenty-First Century (2013)50 die Debatte um ökonomische Werte wie Gleichheit und Gerechtigkeit neu entfacht. Seine empirische Analyse der Vermögens- und Einkommensverteilung zeigt, dass ökonomische Systeme nie wertneutral sind: Sie spiegeln stets normative Setzungen wider, etwa in Steuerpolitik oder Eigentumsordnung.

Für Piketty ist Gleichheit kein „natürliches“ Prinzip, sondern eine gesellschaftliche Entscheidung, die historisch immer wieder neu ausgehandelt wird. Seine Arbeiten unterstreichen, dass Werte wie soziale Gerechtigkeit Axiome der Demokratie sind – aber zugleich politisch umkämpft und gefährdet durch wachsende Ungleichheit.

 

Amartya Sen: Werte als Freiheit und Fähigkeiten

Der indische Nobelpreisträger Amartya Sen (*1933) verschiebt den Fokus vom Einkommen auf die Freiheiten des Menschen. In seinem Capability Approach51 (entwickelt seit den 1980er Jahren, systematisch in Development as Freedom, 1999) definiert er „Wert“ nicht allein als ökonomisches Gut oder Nutzen, sondern als Möglichkeit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Damit verbindet Sen ökonomische mit ethischen Kategorien: Ein Gesellschaftssystem ist nicht wertvoll, weil es maximalen Wohlstand produziert, sondern weil es den Menschen die Freiheit eröffnet, ihre Fähigkeiten zu entfalten. Werte erscheinen hier als Axiome menschlicher Entwicklung, die sich nicht auf Märkte oder Nutzenfunktionen reduzieren lassen.52

 

Joseph Stiglitz: Fairness als Bedingung für Wohlstand

Der US-amerikanische Nobelpreisträger Joseph Stiglitz (*1943) betont in The Price of Inequality (2012)53, dass extreme Ungleichheit nicht nur moralisch problematisch ist, sondern auch ökonomisch dysfunktional. Werte wie Fairness, Transparenz und Teilhabe sind für ihn nicht bloß normative Ideale, sondern funktionale Voraussetzungen für nachhaltigen Wohlstand.
Stiglitz zeigt, dass gefährliche Setzungen entstehen, wenn Märkte und Institutionen im Sinne privilegierter Gruppen gestaltet werden. Damit geraten nicht nur Gerechtigkeitswerte in Gefahr, sondern auch die Stabilität des ökonomischen Systems selbst.54

 

Werte als ökonomische Grundlage der Gegenwart

Die zeitgenössischen Ökonomen Fratzscher, Piketty, Sen und Stiglitz bestätigen die These, dass Werte in der Ökonomie weder absolut noch neutral sind. Sie entstehen durch Differenzbildung (z. B. gerecht/ungerecht), durch Setzung (politische Entscheidungen, Institutionen), sie wirken wie Axiome (Freiheit, Gleichheit, Teilhabe), und sie können gefährlich missbraucht werden (Legitimation von Ungleichheit, Ausbeutung, Exklusion).

Damit machen die Gegenwartsdebatten deutlich: Werte sind keine Randnotiz ökonomischer Theorie, sondern die Grundlage, auf der Gesellschaften ihre Zukunftsfähigkeit entscheiden.

 

Politikwissenschaftliche Perspektive


Werte als Legitimationsgrundlage (Max Weber)

Max Weber unterschied in seiner Handlungstypologie zwischen zweckrationalem, affektuellem, traditionalem und wertrationalem Handeln. Wertrationalität meint, dass Akteure ihr Handeln nicht nach Erfolgsaussichten oder Nutzen bemessen, sondern nach einem als verpflichtend empfundenen Wert oder Prinzip. Damit werden Werte in der Politik zu einer Legitimationsquelle: Politische Ordnungen und Entscheidungen rechtfertigen sich nicht nur durch ihre Effizienz (zweckrational), sondern durch ihre Bindung an normative Prinzipien wie Gerechtigkeit, Freiheit oder Gleichheit.55

Wert als Differenz: Weber betont, dass Wertorientierungen in sozialen Handlungen eine zentrale Rolle spielen. Sie sind stets relational, weil sie im Verhältnis zu anderen Werten, Normen und Erwartungen stehen. Werte motivieren Handlungen nicht isoliert, sondern in Abgrenzung und Bezug

Werte als Setzung: Werte werden nach Weber in kulturellen, religiösen und politischen Institutionen institutionalisiert. Sie sind nicht naturgegeben, sondern Ergebnis sozialer Prozesse, die je nach Kontext variieren.56
 
Gefährliche Setzungen: Weber warnt vor charismatischer und autoritärer Herrschaft, in der Werte instrumentalisiert werden, um Macht zu festigen. Religiöse oder ideologische Wertsetzungen können so zum Mittel politischer Dominanz werden.57
 
Werte als Axiome: Manche Werte erscheinen bei Weber als Grundannahmen (z. B. Pflicht, Gerechtigkeit), die rationales Handeln strukturieren, ohne selbst vollständig begründbar zu sein. Ihre kritische Reflexion ist nötig, da sie Handlungen prägen, oft unbewusst.58
 

Ideologische Setzungen und Totalitarismus (Hannah Arendt)

Hannah Arendt hat in Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (1951) gezeigt, wie totalitäre Systeme Werte als ideologische Setzungen missbrauchen. Totalitarismen erklären bestimmte Werte (z. B. „Volk“, „Reinheit“, „Nation“) zu unhinterfragbaren Axiomen und unterwerfen alle Lebensbereiche diesen Setzungen. Gerade darin liegt für Arendt das Spezifikum des Totalitarismus: Er verwandelt Werte in dogmatische Legitimationsquellen, die keine Kritik mehr zulassen.59

Wert als Differenz und Setzung: Arendt sieht Werte als politisch und historisch konstruierte Größen, die nur im Kontext sozialer und kultureller Ordnungen Bedeutung erlangen.

Gefährliche Setzungen: Ihr zentrales Anliegen ist die Analyse totalitärer Systeme, die eigene Werte (Volk, Nation, Rasse) zu dogmatischen Axiomen erklären. Diese dienen nicht der Orientierung, sondern der Rechtfertigung von Unterdrückung und Vernichtung.60
 
Moralische Bewertung: Arendt insistiert darauf, dass formale Wertsetzungen nicht automatisch moralisch bindend sind. Innere Maßstäbe und Reflexion sind notwendig, um destruktive Wertsetzungen zu erkennen und ihnen zu widerstehen.61
 
Werte als Axiome: In totalitären Regimen erstarren Werte zu dogmatischen, unhinterfragbaren Axiomen. Arendt betont die Notwendigkeit, solche „Axiome“ immer wieder kritisch aufzubrechen, um die Freiheit menschlichen Handelns zu bewahren.62
 

Wertpluralismus vs. Werthegemonie (Isaiah Berlin)

Isaiah Berlin hat in seinem Konzept des Wertpluralismus betont, dass es in modernen Gesellschaften nicht den einen wahren Wert gibt, sondern eine Vielzahl von Werten, die miteinander konkurrieren und oft unvereinbar sind. Werte wie Freiheit, Gleichheit, Sicherheit oder Solidarität können nicht in einem übergeordneten System vollständig harmonisiert werden. Politische Ordnungen müssen also lernen, mit unaufhebbaren Spannungen zu leben.63

Berlin warnte zugleich vor Werthegemonien: Der Versuch, einen Wert absolut zu setzen (z. B. Sicherheit über alles), führt zur Unterdrückung anderer legitimer Werte. Damit liefert Berlin einen zentralen Beitrag zur Demokratietheorie: Politik muss Räume schaffen, in denen Werte verhandelbar bleiben, ohne in Beliebigkeit abzugleiten.

 

Werte als Differenz: Berlin argumentiert, dass Werte stets in Differenz zueinander stehen und oft inkommensurabel sind. Freiheit und Gleichheit, Sicherheit und Gerechtigkeit – sie alle können nicht vollständig aufeinander reduziert werden.64
 
Werte als Setzung: Jede Gesellschaft priorisiert bestimmte Werte über andere. Diese Setzungen sind unvermeidbar, aber niemals endgültig; sie spiegeln historische Erfahrungen und politische Kämpfe wider.65
 
Gefährliche Setzungen: Berlin warnt vor Werthegemonien, also der Versuchung, einen Wert absolut zu setzen. Wer Sicherheit oder Gleichheit über alles stellt, unterdrückt andere Werte und gefährdet so die Freiheit.66

Werte als Axiome: Für Berlin gibt es keine übergeordnete Hierarchie, die alle Werte ordnet. Werte sind plural, teilweise unvereinbar und dennoch alle grundlegend. Politische Ordnung besteht darin, mit diesen Spannungen produktiv zu leben.67

Die politikwissenschaftliche Perspektive zeigt, dass Werte in der Politik mehr sind als moralische Orientierungen: Sie sind Legitimationsgrundlagen, Machtinstrumente und Konfliktfelder.
  • Weber macht deutlich, dass ohne Werte keine politische Legitimität existiert. 

  • Arendt warnt vor den Gefahren ideologischer Setzungen, die Werte in Herrschaftsmittel verwandeln. 

  • Berlin betont, dass demokratische Politik die Kunst ist, mit einem unaufhebbaren Wertpluralismus zu leben, ohne einer hegemonialen Setzung zu verfallen. 

Damit wird die These erneut bestätigt: Werte sind weder naturgegeben noch unproblematisch – sie sind gesetzt, umstritten und politisch folgenreich.


Zeitgenössische politikwissenschaftliche Perspektiven

 

John Rawls: Werte als rational vereinbarte Grundprinzipien

Wert als Differenz: Rawls erkennt, dass Werte nur relational sinnvoll sind. Freiheit, Gleichheit und Fairness entfalten Bedeutung im Verhältnis zueinander, nicht isoliert.68
 
Werte als Setzung: In Rawls’ Theorie entstehen Werte nicht metaphysisch, sondern durch rationale Vereinbarung unter dem „Schleier des Nichtwissens“ – ein gedanklicher Mechanismus, der persönliche Interessen ausschließt und allgemeingültige Prinzipien ermöglicht.69
 
Gefährliche Setzungen: Rawls teilt die Warnung vor willkürlichen oder destruktiven Wertsetzungen. Seine Theorie ist insbesondere auf den Schutz der am wenigsten Begünstigten ausgerichtet und prüft Werte auf ihre gesellschaftliche Fairness.70
 
Werte als Axiome: Die Grundprinzipien der Gerechtigkeit können als Axiome betrachtet werden: sie sind unverzichtbar für die Orientierung in gesellschaftlicher Handlungsplanung, aber nicht weiter ableitbar.71

 

Chantal Mouffe: Werte in agonistischen Demokratien

Wert als Differenz: Mouffe betont die inhärente Konflikthaftigkeit von Werten. Sie sind relational, weil sie in politischen Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen Gruppen relevant werden.72
 
Werte als Setzung: Werte entstehen in der Praxis politischer Aushandlung, nicht als fertige Normen. Sie sind immer prozessual und abhängig von Machtkonstellationen.73
 
Gefährliche Setzungen: Mouffe warnt vor autoritären oder harmonistischen Wertvorstellungen, die Andersdenkende ausschließen. Demokratie lebt von der Anerkennung legitimen Andersseins und offener Konflikte.74
 
Werte als Axiome: In agonistischen Demokratien werden Werte nie absolut fixiert. Sie sind Grundlage für politische Praxis, aber immer diskursiv und überprüfbar.75

 

Nancy Fraser: Werte, Gerechtigkeit und Macht

Wert als Differenz: Fraser analysiert Werte in Relation zu materieller Verteilung und kultureller Anerkennung. Werte entfalten sich im Spannungsfeld gesellschaftlicher Interessen.76
 
Werte als Setzung: Werte spiegeln Machtverhältnisse und Kämpfe um Anerkennung wider; sie entstehen gesellschaftlich, nicht neutral.77
 
Gefährliche Setzungen: Fraser betont die Notwendigkeit kritischer Reflexion, um die Folgen destruktiver Wertsetzungen sichtbar zu machen. Werte können sonst bestehende Ungleichheiten stabilisieren oder verschärfen.78
 
Werte als Axiome: Für Fraser sind Werte sozial eingebettet und immer auf Gerechtigkeit und Demokratie bezogen. Sie sind notwendig für Orientierung, aber niemals isoliert gültig.79

 

 

Syntese: Wert und Nichtwert als Differenz



Gemeinsamer Nenner: Wert konstituiert sich durch Abgrenzung

Die vorangegangene Analyse, die sich über philosophische, soziologische, rechtliche, ökonomische und politische Ansätze erstreckt, mündet in eine entscheidende, metatheoretische Einsicht: Wert konstituiert sich stets durch Abgrenzung. Jede Disziplin, unabhängig von ihrem spezifischen Fokus, bestätigt, dass der Begriff des Wertes relational ist. Er entsteht nicht als isoliertes, in sich ruhendes Phänomen, sondern gewinnt seinen Sinn und seine Wirkmacht erst im Zusammenspiel und in der kategorialen Differenz zu dem, was als Nicht-Wert verstanden wird.

  • Philosophie: Die Unterscheidung beginnt schon in der Antike. Bei Aristoteles ist es die Differenz zwischen Gebrauchs- und Tauschwert. Bei Kant wird der unbedingte Wert der Würde nur im Kontrast zu dem, was einen Preis hat, verständlich. Selbst die relativistische Perspektive von Nietzsche argumentiert, dass Werte wie „gut“ und „böse“ aus einer historischen Abgrenzung entstehen. 

  • Soziologie: Luhmanns Systemtheorie ist das paradigmatische Beispiel für dieses Prinzip. Werte sind hier funktionale Differenzen, die sozialen Systemen ihre Identität verleihen und Kommunikation ermöglichen – das Rechtssystem operiert über die Unterscheidung „recht/unrecht“, die Wissenschaft über „wahr/unwahr“. 

  • Rechtswissenschaft: Das Recht selbst funktioniert als ein System der Abgrenzung. Die Verfassung setzt Werte wie die Menschenwürde, gerade weil sie als fundamentale Differenz zu Unrecht und Barbarei verstanden wird. Das Strafrecht operationalisiert diese Unterscheidung ganz praktisch, indem es Wert (z.B. das Leben) von Unwert (dem Mord) trennt und verfolgt. 

  • Ökonomie: Die ökonomische Werttheorie ist ebenfalls relational. Der Wert einer Ware bemisst sich bei Marx im Vergleich zur gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit, bei den Neoklassikern ist der Grenznutzen eine explizite relationale Kategorie. Auch in der Verhaltensökonomik wird Wert im Verhältnis zu psychologischen Anreizen und Verlustaversion gesetzt. 

  • Politikwissenschaft: In der Politik sind Werte die Grundlage für Legitimation und Konflikt. Max Weber zeigt, dass wertrationales Handeln in Abgrenzung zu zweckrationalem Handeln steht und politisches Handeln erst legitimiert. Isaiah Berlin betont, dass Werte in Demokratien oft inkommensurabel sind und im Verhältnis zueinander stehen (Freiheit vs. Gleichheit). Hannah Arendt zeigt, wie autoritäre Regime die Unterscheidung von „wir“ und „die anderen“ als totalitäre Setzung missbrauchen. 

In allen Feldern ist „Wert“ also ein dynamisches Konzept, das nur durch seine Abgrenzung zum „Nicht-Wert“ – sei es das Nicht-Wertvolle, das Unrechte oder das Unwirtschaftliche – existieren kann. Diese Erkenntnis macht den Begriff nicht beliebig, sondern zeigt vielmehr seine zentrale Rolle als fundamentales Werkzeug, um die Komplexität der Welt zu strukturieren.

Die interdisziplinäre Betrachtung zeigt, dass Werte das komplexe Ergebnis von Differenz80, Setzung und Reflexion sind. Sie sind somit ein lebendiger, handlungsleitender Prozess, der die Grundlage für eine zivilisierte, demokratische und pluralistische Gesellschaft bildet.

 

Die transdisziplinäre Natur des Wertbegriffs

Die vorangegangene Analyse des Wertbegriffs – von der Philosophie über die Soziologie und Rechtswissenschaft bis zur Ökonomie und Politikwissenschaft – hat eine zentrale These bestätigt und vertieft: Werte sind keine absoluten oder metaphysischen Entitäten, sondern transdisziplinäre Konzepte, die sich fundamental aus einer Differenz zu ihrem Gegenteil speisen. Diese relationale Struktur bildet die Grundlage für ihre Funktion als Orientierungspunkte in komplexen Gesellschaften.

Werte als Differenz, Setzung und Axiom: Ein Gesamtbild

Die Untersuchung hat gezeigt, dass die zentralen Konzepte Differenz, Setzung und Axiom in jeder Disziplin wiederkehren:

  • Werte als Differenz: Ob es sich um Kants Unterscheidung zwischen Würde und Preis, Marx’ Differenz zwischen Gebrauchswert und Tauschwert oder Luhmanns Unterscheidung zwischen „wahr/unwahr“ handelt: Wert entsteht immer erst im Verhältnis zu einem Nicht-Wert. 

  • Werte als Setzung: Jede Disziplin demonstriert, dass Werte nicht einfach existieren, sondern in einem sozialen Prozess gesetzt werden. Philosophische Setzungen (Nietzsches „Umwertung“), soziologische (Parsons‘ kulturelle Muster), rechtliche (die Menschenwürde im Grundgesetz) oder ökonomische (der subjektive Wert des Grenznutzens) prägen die jeweilige Feldlogik. 

  • Werte als Axiome: Trotz ihrer Kontingenz wirken Werte oft wie Axiome – wie grundlegende, nicht weiter ableitbare Annahmen, die dennoch für die Funktionsfähigkeit von Systemen unerlässlich sind. Die Menschenwürde im Verfassungsrecht, Freiheit und Gleichheit in der politischen Philosophie (Rawls) oder der erwartete Nutzen in der Spieltheorie sind Beispiele für solche leitenden Axiome. 

 

Werte als Axiome: Nicht vollständig begründbar, aber handlungsleitend

Die Analyse aus verschiedenen Fachgebieten zeigt, dass Werte eine doppelte Natur haben: Sie sind einerseits nicht vollständig beweis- oder ableitbar, andererseits aber unverzichtbar für die Handlungsfähigkeit von Individuen, Institutionen und ganzen Gesellschaften. In dieser Hinsicht funktionieren sie wie Axiome in der Mathematik: Sie sind die grundlegenden, nicht hinterfragbaren Annahmen, die es erst ermöglichen, ein System aufzubauen.

 

Axiome in den Disziplinen

  1. Philosophie: Bei Kant ist die Menschenwürde das zentrale Axiom. Sie wird nicht aus etwas anderem abgeleitet, sondern als absolute, unantastbare Basisannahme gesetzt, die unser gesamtes moralisches Handeln leitet. In der neorealistischen Ontologie von Markus Gabriel gibt es verschiedene Sinnfelder, die jeweils auf eigenen Basisannahmen beruhen, ohne dass es eine übergeordnete Instanz gäbe, die sie alle begründet. 

  2. Soziologie: Talcott Parsons betont, dass Gesellschaften ohne geteilte grundlegende Werte nicht überlebensfähig wären. Diese Werte sind wie Axiome, die Handlungen und Erwartungen koordinieren. Armin Nassehi greift diese Idee auf und betont, dass Werte als reflexive Axiome funktionieren, die einer ständigen Selbstbeobachtung unterliegen müssen, um zu verhindern, dass sie zu starren, dogmatischen Setzungen erstarren. 

  3. Rechtswissenschaft: Hier wird die Rolle der Werte als Axiome am deutlichsten. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist ein herausragendes Beispiel: Die Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG) wird als unantastbares Axiom deklariert, das keiner weiteren Begründung bedarf, sondern die Grundlage für alle nachfolgenden Gesetze bildet. Juristen wie Frauke Brosius-Gersdorf betonen, dass gerade dieser axiomatische Status eine ständige reflexive Anwendung erfordert, um Missbrauch zu verhindern. 

  4. Ökonomie: Selbst in der Ökonomie gibt es axiomatische Annahmen. In der Spieltheorie und der Rational-Choice-Theorie wird der „erwartete Nutzen“ als ein unhinterfragbares Axiom gesetzt, auf dessen Basis das Verhalten rationaler Akteure modelliert wird. 

  5. Politikwissenschaft: John Rawls‘ Gerechtigkeitstheorie basiert auf den Grundprinzipien der Gerechtigkeit als rational vereinbarte Axiome, die das Zusammenleben in einer liberalen Demokratie strukturieren. Hannah Arendt warnte vor totalitären Regimen, die falsche, ideologische Werte (wie „Rassenreinheit“) zu dogmatischen, unhinterfragbaren Axiomen erhoben und damit Unrecht legitimierten. 

     

Werte sind also keine mysteriösen Größen, sondern handlungsleitende Axiome. Sie sind die notwendigen Startpunkte, um die Komplexität der Welt zu bewerten und zu navigieren. Ihre axiomatische Natur macht sie jedoch anfällig für Missbrauch. Die zentrale Aufgabe besteht daher darin, diese grundlegenden Annahmen stets kritisch zu reflektieren, anstatt sie zu unveränderlichen Dogmen zu erheben.


Gefahr: Missbrauch von „Wert“-Begriffen zur Legitimation von Unwert

Werte sind zwar handlungsleitende Axiome und essenziell für die Gesellschaftsordnung, doch gerade ihre normative Kraft birgt ein großes Missbrauchspotenzial. Historisch zeigt sich immer wieder, wie vermeintlich positive Wert-Begriffe zur Legitimation von Unrecht, Unterdrückung und Barbarei instrumentalisiert werden.

Diese gefährlichen Setzungen sind nicht zufällig, sondern ein zentrales Merkmal autoritärer und totalitärer Systeme. Hannah Arendt analysierte, wie der Totalitarismus spezifische ideologische Werte wie „Rasse“, „Volk“ oder „Nation“ zu dogmatischen, unhinterfragbaren Axiomen erhob. Diese dienten nicht mehr als Orientierung für moralisches Handeln, sondern als Legitimationsquelle für Entrechtung und Gewalt.

Die Rechtswissenschaft liefert hierzu das historisch wohl schockierendste Beispiel: Die NS-Justiz nutzte Begriffe wie „Gesetzesgehorsam“ und „Staatstreue“ als oberste Werte, um Verbrechen gegen die Menschlichkeit juristisch zu decken. Fritz Bauer und Gustav Radbruch zeigten nach 1945, dass formales Recht ohne Gerechtigkeit seine Legitimität verliert. Dieser historische Bruch ist der Grund, warum die Bundesrepublik Deutschland die Menschenwürde als unantastbares Axiom im Grundgesetz verankerte und damit eine klare, unüberwindbare Grenze zu solchen gefährlichen Setzungen zog.

Auch in der Ökonomie finden wir diesen Missbrauch. Der vermeintliche Wert der „Effizienz“ oder die „Profitmaximierung“ können als Legitimationsgrundlage dienen, um soziale Ungleichheit, Ausbeutung und Umweltzerstörung zu rechtfertigen. Thomas Piketty und Joseph Stiglitz analysieren, wie solche ökonomischen „Werte“ in Wahrheit Machtverhältnisse stabilisieren, anstatt dem Gemeinwohl zu dienen.

Die Gefahr des Missbrauchs liegt in der Reduktion von Werten auf bloße Ideologien oder Instrumente. Wie Isaiah Berlin und Chantal Mouffe betonen, liegt die Stärke der Demokratie gerade darin, den Wertpluralismus anzuerkennen und den politischen Raum für eine ständige Aushandlung zu öffnen, um zu verhindern, dass ein einziger Wert alle anderen hegemonial überlagert.

Der Missbrauch von Werten macht deutlich, dass ihre Kraft zur Orientierung auch eine Kraft zur Manipulation sein kann. Ihre axiomatische Natur, die sie unverzichtbar macht, erfordert eine ständige Wachsamkeit: Werte müssen reflektiert, hinterfragt und demokratisch verteidigt werden, um zu verhindern, dass sie zu Werkzeugen der Rechtfertigung von Unwert werden.

 

 

Schluß

 

Wert ist relational und normativ umkämpft

Die interdisziplinäre Untersuchung zeigt, dass Werte keine mysteriösen oder statischen Entitäten sind. Vielmehr sind sie das Ergebnis eines dynamischen Prozesses, der sie zu relationalen, sozial konstruierten und normativ umkämpften Größen macht.

Jede Disziplin demonstriert die relationale Natur von Werten:

  • In der Philosophie gewinnt Kants Würde an Bedeutung, weil sie sich vom bloßen Preis abgrenzt. 

  • In der Soziologie werden Werte zu Orientierungspunkten, weil sie sich von abweichendem Verhalten unterscheiden. 

  • In der Rechtswissenschaft etabliert das Grundgesetz die Menschenwürde, um sich von den Barbareien der Vergangenheit abzusetzen. 

  • In der Ökonomie entsteht der subjektive Wert eines Gutes im Verhältnis zu seinen Alternativen (Grenznutzen). 

  • In der Politikwissenschaft stehen Werte wie Freiheit und Gleichheit in einem spannungsvollen Verhältnis zueinander. 

Diese Werte sind jedoch nicht naturgegeben, sondern sozial konstruiert. Sie sind das Ergebnis gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse, die von historischen Erfahrungen und Machtverhältnissen geprägt sind. Gerade deshalb sind sie normativ umkämpft und erfordern eine ständige Reflexion.

Die Analyse von Werten und Nichtwerten

Die wissenschaftlich fruchtbarste Erkenntnis dieser Arbeit ist, dass es nicht genügt, nur die „Werte“ zu analysieren. Der Schlüssel zum Verständnis liegt in der Konstruktion von „Nichtwerten“ und den Prozessen der Ausgrenzung, die diesen zugrunde liegen.

  • Hannah Arendt lehrte uns, dass totalitäre Regime „Unwerte“ (wie bestimmte Völker oder Gruppen) konstruieren, um ideologische Werte (wie die „Reinheit der Rasse“) dogmatisch zu setzen und zu legitimieren. 

  • Im Rechtswesen zeigt sich die Gefahr darin, dass formale „Werte“ (wie Gehorsam gegenüber Gesetzen) genutzt werden, um Unrecht zu legalisieren. 

  • In der Ökonomie kann die einseitige Fixierung auf „Werte“ wie Effizienz zur Folge haben, dass die daraus resultierenden „Nichtwerte“ wie Ungleichheit und Ausbeutung legitimiert werden. 

Werte sind also notwendige Orientierungsgrößen. Ihre größte Gefahr liegt jedoch darin, dass sie ihre funktionale, relationale Natur verlieren und zu starren Dogmen erstarren. Die Aufgabe von Wissenschaft und Gesellschaft ist es, die Prozesse der Wertbildung – und der Ausgrenzung des Nichtwerts – kontinuierlich zu hinterfragen, um die Grundlage für eine offene, plurale und gerechte Gesellschaft zu bewahren.

 

1  Kant, Immanuel: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Riga 1785.

  • Bezug auf Würde und unbedingten Wert: § 428ff. 

2 Nietzsche, Friedrich: Zur Genealogie der Moral, Leipzig 1887.

  • Bezug auf Historisierung von Gut/Böse und Umwertung aller Werte. 

3 Scheler, Max: Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik, Halle 1916.

  • Wertstufen: sinnlich, vital, geistig, religiös. 

 

4 Hartmann, Nicolai: Ethik, Berlin 1926.

  • Schichtung der Werte, Seinsgeltung, objektive Wertordnung. 

5 Marx, Karl: Kritik der politischen Ökonomie, Hamburg 1859/1867.

  • Arbeitswerttheorie, Fetischcharakter der Ware. 

6 Gabriel, Markus: Warum es die Welt nicht gibt, München 2013; Der neue Realismus, Frankfurt a.M. 2015.

  • Sinnfeldontologie, relationale Differenz von Werten. 

 

7Buyx, Alena: Interview / Artikel: „Der gesunde Menschenverstand liegt manchmal daneben“, Die Welt, 2022, https://www.welt.de/wissenschaft/plus226701271/Ethikrat-Chefin-Alena-Buyx-Der-gesunde-Menschenverstand-liegt-manchmal-daneben.html

8Scheler, Max: Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik, Halle 1916.

9Kant, Immanuel: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Riga 1785.

10Nietzsche, Friedrich: Zur Genealogie der Moral, Leipzig 1887.

11Habermas, Jürgen: Moralbewusstsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt a.M. 1983; Apel, Karl-Otto: Diskurs und Verantwortung, Frankfurt a.M. 1990.

12Kant, Immanuel: ebd.

13Moore, G. E.: Principia Ethica, Cambridge 1903.

14Mackie, John L.: Ethics: Inventing Right and Wrong, London 1977.

15Parsons, Talcott: The Structure of Social Action, New York 1937.

16Parsons, Talcott: The Social System, Glencoe 1951, bes. Kap. II–III.

17Parsons, Talcott/Shils, Edward (Hg.): Toward a General Theory of Action, Cambridge (Mass.) 1951

18Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1997.

19Inglehart, Ronald: The Silent Revolution: Changing Values and Political Styles among Western Publics, Princeton 1977.

20Inglehart, Ronald: Cultural Shift in Advanced Industrial Society, Princeton 1990.

21Inglehart, Ronald / Welzel, Christian: Modernization, Cultural Change, and Democracy, Cambridge 2005; World Values Survey Datenbank, http://www.worldvaluessurvey.org

22Nassehi, Armin: Die Gesellschaft der Gesellschaft [Einführung in Luhmanns Theorie in der Gegenwart], München 2017

23Nassehi, Armin: Muster: Theorie der digitalen Gesellschaft, München 2019, Kap. 3–4.

24Brosius-Gersdorf, Frauke: Verfassungsrechtliche Wertordnung und Menschenwürde, in: Neue Juristische Wochenschrift 2015, S. 1125–1138

25Brosius-Gersdorf, Frauke: Recht als normative Setzung, in: Zeitschrift für öffentliches Recht 2018, S. 45–67.

26Bundesverfassungsgericht (BVerfG): BVerfGE 1, 1 ff. – Lüth-Urteil, 1958.

27Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 1 Abs. 1 und Art. 16a.

28Bauer, Fritz: Menschenrechte und Strafverfolgung von NS-Verbrechen, Frankfurt 1965

29Brosius-Gersdorf, Frauke: Verfassungsrechtliche Wertordnung und Menschenwürde, NJW 2015, S. 1125–1138

30Waldhoff, Christian: Die Dogmatik der Grundrechte, Berlin 2010.

31van Mechelen, Gert-Jan: Recht als dynamisches Sinnfeld, Zeitschrift für Rechtsphilosophie 2016, S. 45–68

32Bauer, Fritz: Menschenrechte und Strafverfolgung von NS-Verbrechen, Frankfurt 1965.

33Aristoteles: Politik (bes. Buch I, Kap. 8–10: Unterscheidung von Gebrauchswert und Tauschwert).

34Adam Smith: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations (1776), Buch I, Kap. 4–6 (Unterscheidung Gebrauchswert/Tauschwert).

35David Ricardo: On the Principles of Political Economy and Taxation (1817), Kap. 1 („On Value“).

36Karl Marx: Das Kapital, Band I (1867), Kap. 1–3 (Wertformanalyse, Arbeitswerttheorie)

37Carl Menger: Grundsätze der Volkswirtschaftslehre (1871)

38William Stanley Jevons: The Theory of Political Economy (1871)

39Léon Walras: Éléments d’économie politique pure (1874/77)

40Daniel Kahneman / Amos Tversky: „Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk“ (Econometrica, 1979) – Grundlagentext der Behavioral Economics.

41Richard H. Thaler / Cass R. Sunstein: Nudge: Improving Decisions about Health, Wealth, and Happiness (2008)

42Milton Friedman: „The Social Responsibility of Business is to Increase its Profits“ (New York Times Magazine, 1970) – CSR-kritische Position

43Archie B. Carroll: „The Pyramid of Corporate Social Responsibility“ (Business Horizons, 1991) – Standardmodell für CSR.

44John von Neumann / Oskar Morgenstern: Theory of Games and Economic Behavior (1944)

45Kenneth J. Arrow: Social Choice and Individual Values (1951) – zentral für das Messproblem kollektiver Präferenzen.

46Gary S. Becker: The Economic Approach to Human Behavior (1976) – Ausweitung des Rational-Choice-Ansatzes auf nicht-ökonomische Bereiche.

47James S. Coleman: Foundations of Social Theory (1990) – klassische Anwendung von Rational Choice in Soziologie.

48Marcel Fratzscher, Die Deutschland-Illusion: Warum wir unsere Wirtschaft überschätzen und Europa brauchen (München: Hanser, 2014)

49Marcel Fratzscher, Verteilungskampf: Warum Deutschland immer ungleicher wird (München: Hanser, 2016).

50Thomas Piketty, Capital in the Twenty-First Century (Cambridge, MA: Harvard University Press, 2013)

51Amartya Sen, Development as Freedom (New York: Knopf, 1999).

52Amartya Sen, Commodities and Capabilities (Oxford: Oxford University Press, 1985).

53Joseph E. Stiglitz, The Price of Inequality: How Today’s Divided Society Endangers Our Future (New York: W.W. Norton, 2012).

54Joseph E. Stiglitz, Globalization and Its Discontents (New York: W.W. Norton, 2002).

55Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie (Tübingen: Mohr Siebeck, 1922/1972), Kap. 1, §2

56Ebd., §§3–4.

57Max Weber, Politik als Beruf (München: Duncker & Humblot, 1919).

58Wolfgang Schluchter, Religion und Lebensführung. Studien zu Max Webers Kultur- und Werttheorie (Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1988).

59Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (München: Piper, 1955 [zuerst engl. 1951]).

60Ebd., Teil III: Totalitarismus

61Hannah Arendt, Über das Böse. Eine Vorlesung zu Fragen der Ethik (München: Piper, 2006 [zuerst 1965])

62Hannah Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Leben (München: Piper, 1960)

63Isaiah Berlin, Four Essays on Liberty (Oxford: Oxford University Press, 1969).

64Isaiah Berlin, Two Concepts of Liberty (Oxford: Clarendon Press, 1958).

65Isaiah Berlin, Four Essays on Liberty (Oxford: Oxford University Press, 1969)

66Isaiah Berlin, Against the Current: Essays in the History of Ideas (London: Hogarth Press, 1979).

67John Gray, Isaiah Berlin (Princeton: Princeton University Press, 1996).

68John Rawls, A Theory of Justice (Cambridge, MA: Harvard University Press, 1971), Kap. 1–2.

69Ebd., Kap. 2: „The Original Position and Justification“.

70Ebd., Kap. 2–3.

71Samuel Freeman, Rawls (London: Routledge, 2007), S. 45–78.

72Chantal Mouffe, The Democratic Paradox (London: Verso, 2000), Kap. 1.

73Ebd., Kap. 3: „Agonistic Pluralism“.

74Chantal Mouffe, On the Political (London: Routledge, 2005), S. 22–56.

75Ebd., S. 57–84.

76Nancy Fraser, Redistribution or Recognition? A Political-Philosophical Exchange (London: Verso, 2003), Kap. 2.

77Ebd., Kap. 3: „Social Justice and Value Conflict“.

78Nancy Fraser, Scales of Justice (New York: Columbia University Press, 2008), S. 35–72.

79Ebd., S. 73–101.

80Rasche, Michael https://michaelrasche.eu/differenz/

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