Reich ist nicht gleich reich – Vermögenssteuer

Warum eine Vermögenssteuer die Superreichen kaum trifft

Eine kritische Betrachtung der „Reichensteuer“-Forderungen

1. Der Mythos vom „Millionärskonto“

Die Vorstellung: Reiche Menschen haben hohe Kontostände, die man einfach besteuern könnte.
Die Realität: Das Vermögen der Superreichen liegt fast nie in bar oder auf Tagesgeldkonten. Stattdessen steckt es in:

  • Unternehmensbeteiligungen (z. B. GmbHs, Aktienpakete, Holdings)

  • Immobiliengesellschaften (oft über mehrere Stufen verschachtelt)

  • Stiftungen und Trusts (Familienstiftungen, die steuerlich privilegiert sind)

  • Private-Equity- oder Offshore-Strukturen

Ein „Privatvermögen“ im Sinne von „Haus, Sparbuch und ein bisschen Aktien“ betrifft eher den wohlhabenden Mittelstand, nicht die Milliardärsschicht.


2. Wer würde wirklich zahlen?

Eine Vermögenssteuer trifft in der Praxis nicht primär die Superreichen, sondern:

  • Eigentümer von Immobilien in Ballungszentren (z. B. Rentner mit Haus in München, die nicht „reich“ leben, aber viel auf dem Papier besitzen).

  • Unternehmer des gehobenen Mittelstands, deren Betriebsvermögen als Privatvermögen gilt, obwohl es direkt in Arbeitsplätzen steckt.

  • Familien mit „einfachen“ Ersparnissen und Wertpapieren, die transparent beim Finanzamt liegen.

Die eigentliche Milliardärs-Elite kann durch ihre Strukturen sehr leicht vermeiden, dass eine klassische Vermögenssteuer greift.


3. Bewertungsprobleme und Bürokratie

Ein weiterer Punkt:

  • Immobilienwerte schwanken je nach Gutachter.

  • Unternehmensbeteiligungen (gerade an nicht-börsennotierten Firmen) lassen sich kaum „fair“ bewerten.

  • Stiftungen und Auslandsvermögen sind für den Fiskus extrem schwer zu erfassen.

Das führt zu zwei Effekten:

  1. Die Reichsten zahlen kaum – weil ihr Vermögen „unbewertbar“ oder verschachtelt ist.

  2. Der Verwaltungsaufwand frisst die erhofften Mehreinnahmen zu einem großen Teil auf.


4. Internationale Erfahrungen

Andere Länder haben es probiert:

  • Frankreich führte eine Vermögenssteuer ein – mit dem Ergebnis, dass Kapitalflucht massiv zunahm, viele Vermögende abwanderten und die Steuererträge deutlich hinter den Erwartungen blieben.

  • Schweden schaffte die Vermögenssteuer ab, weil sie Investitionen hemmte und kaum Nettoertrag brachte.

Die Lehre: Reiche sind extrem mobil – Kapital kann man buchstäblich über Nacht verschieben, Arbeitskräfte und Mittelstand nicht.


5. Politische Symbolik statt realer Wirkung

Die Forderung nach „Reichensteuer“ klingt populär, weil sie ein einfaches Narrativ bedient: „Die da oben sollen endlich zahlen.“
Das Problem: In der Realität zahlen am Ende nicht die Superreichen, sondern vor allem diejenigen, die sichtbar und leicht greifbar sind – die gehobene Mittelschicht mit Immobilien oder kleinen Unternehmen.

Die Superreichen haben längst vorgesorgt:

  • Stiftungen verhindern Erbschafts- und Vermögenszugriff.

  • Holdings verschieben Gewinne international.

  • Steueroptimierung ist Teil des Geschäftsmodells.


Wir haben ein Strukturproblem.

Eine klassische Vermögenssteuer würde kaum das Ziel erreichen, die wirklich Reichen stärker an der Finanzierung des Staates zu beteiligen. Sie würde vielmehr:

  • den gehobenen Mittelstand belasten,

  • Bürokratie massiv erhöhen,

  • Kapital ins Ausland treiben,

  • und gleichzeitig von den strukturellen Problemen (ungleiche Chancen, Erbschaften, Steuerprivilegien) ablenken.

Wer ernsthaft Ungleichheit bekämpfen will, muss also andere Stellschrauben drehen: Schließung von Steuerschlupflöchern, konsequente Erbschaftsbesteuerung bei Großvermögen, internationale Steuerkooperation.

Alles andere ist Symbolpolitik – klingt gut, wirkt aber kaum.

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