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Enfant terrible

Im Gegensatz zur AfD, die sich darüber beschwert, dass jemand etwas nicht sagen dürfe oder dass man dieses doch wohl wird sagen dürfen, sehe ich die Republik überhaupt nicht so, dass irgendetwas ungesagt sein dürfte.

Allerdings gibt es doch so etwas wie politisch gesellschaftliche Spielregeln. Tatsächlich gibt es gerade in dem Buhlen um Stimmen eine Art Zensurschere. Die Wählerbeleidigung ist da ein solches Tabu. Das traut sich noch nicht einmal die AfD. Schließlich geht es ja darum im Wahlkampf um die Gunst der Wählerstimme zu werben. Der Wähler selbst darf dabei auf gar keinen Fall beleidigt werden. Nun die Wahrscheinlichkeit, dass mich jemand wählt ist zwar größer gleich Null, aber im Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg in den Landtag einzuziehen wohl eher Null. Ich kann mich also auf das Spiel einlassen den Wähler auf gar keinen Fall zu beleidigen und brav meine Worte abzuwägen um dann in diesem Wahlkampf einfach unterzugehen als unbedeutende Kleinstpartei, die unter „PIRATEN – was Euch gibt es noch!“ rangiert.

Pfeif drauf – eh schon wurscht. Egal was ich auch immer tun werde, es wird falsch sein. Diejenigen die einen offenen Kopf haben und wirklich Denken können, werden mich auch trotz oder gerade wegen dieser Zeilen wählen. Diejenigen, die ich beleidige, würden mich so oder so nicht wählen, es sei denn sie würden das Denken anfangen. Und schon ist die Beleidigung draußen, weil ich ja gerade behauptet habe, dass jeder der mich nicht wählt, nicht denken kann. In einem Schwarzweißdenken wäre dieser Umkehrschluss korrekt, aber wer wirklich Denken kann, weiß dass solche binären Allaussagen immer falsch sind.

Du magst keine Textwüsten und komplexe Gedankengänge, dann brich hier ab, denn „Arnold wählen“ ist nicht schwer. Du willst die CSU wählen, was zum Teufel machst du dann hier auf der Seite. Wer die CSU wählt, hat den Schuß nicht gehört, die Waschmaschinenbesteller, die im Parlament Texte wie den Masterplan beschliessen ohne ihn der Opposition oder sich selbst zum lesen geben zu wollen, ist aus gar keinem rationalen Grund mehr wählbar. Mir ist bewusst, dass wohl über 30 Prozent der Wähler in ihrer Wahlentscheidung nicht rational sind. Das ist so eine Wählerbeschimpfung, die mich eben auch unwählbar macht, denn so etwas darf man zwar sagen, aber nicht in der Gepflogenheit.

Achso Du willst die AfD wählen und meinst ein Protestwähler zu sein. Geh zu deinen Nazis und apropos Wählerbeschimpfung lebe damit, dass ich dich für dumm oder Nazi halte. Es ist dein gutes Recht das zu sein, was du bist, aber ich behalte mir mein Recht auf meine Meinung vor und werde um Dich nicht buhlen. Du musst selbst wissen, was du wählst.

Sie stört das Du. Ich bin ein uralter Netizen, der im Usenet groß geworden ist. Das Sie galt damals als unhöflich. Wenn Sie von mir beleidigt werden wollen, könnte ich Sie natürlich siezen. Ich will aber niemanden beleidigen, ich bin einfach nur ein schreckliches Kind. Es trampelt auf deinen Gewohnheiten rum und überlegt sich, ob sich die Welt doch verbessern lässt. In unserer aufmerksamkeitsheischenden Welt um die Kampf der Wählerstimmen wird dieser Text hier sowieso versanden, selbst wenn du, werter Leser, dich hierher verirrt hast, du bist eine klitzekleine Minderheit. Der Mainstreamzug wird weiterrollen und Menschen überrollen. Es macht eigentlich kaum einen Unterschied, ob du dich beleidigt fühlst oder aus diesen Zeilen etwas mitnimmst.

Dennoch würde ich mir natürlich wünschen, dass dieser Text etwas in den Köpfen anstellt. Nicht nur, dass die CSU oder die AfD unwählbar ist, sondern selbstverständlich warum es für den Wähler Sinn machen würde die Piraten zu wählen. Schließlich habe ich 2009 nicht umsonst die FDP verlassen und mich den Piraten angeschlossen. Die Reformunfähigkeit unseres System ging mir grob gesagt auf den Sack. Ich selbst habe doch tatsächlich mit meiner Wählerstimme dazu beigetragen, dass ich zur ersten Amtszeit Schröder die SPD gewählt habe, weil Kohl einfach weg musste. Was dann politisch tatsächlich kam war eine Katastrophe. Ich werde mir das nie verzeihen.

Die Piraten haben es nie in den Bundestag geschafft. Trotz allem Hype ist das sogar an manchen Wählern vorbei gelaufen, die doch tatsächlich glauben, wir hätten irgendwann in dieser Republik eine politische Rolle auf Bundesebene gespielt. Das allerdings lag nicht an der Arbeit, die die Piraten in den Landesparlamenten geleistet haben. Im Gegensatz zur AfD haben die Piraten gute Arbeit geleistet, aber eben jeweils nur für eine Legislatur und in einer Legislatur kannst du in der Opposition nichts ändern. Vermutlich wissen die wenigsten Wähler wie unser politisches System funktioniert.

Eines dürfte aber ganz sicher sein, wenn die CSU noch einmal an die Macht kommt, dann wird sich in Bayern nichts ändern. Im Gegenteil der Filz von der Justiz bis zur Verwaltung wird in einem unerträglichen Ausmaß weiter steigen. Selbst Hochschulen sind in der Zwischenzeit so CSU-verseucht, dass noch nicht einmal die Unabhängigkeit der Bildung gewährleistet ist. Ein verkrustetes Netzwerk der Macht, dass nur deswegen fortbestehen kann, weil der Wähler in der Mehrheit der Wählerstimmen, diese CSU niemals bestraft. Auch zur Landtagswahl 2018 besteht dieses Risiko.

Denn eines ist doch auch klar, alle Journalisten gehen letztlich davon aus, dass egal was der Wähler wählt, eine Regierungsbildung nur mit der CSU zustande kommen wird. Damit sind die Schäfchen dieses Machtnetzwerkes selbst wenn die CSU nur 29 Prozent haben sollte im Trockenen. Es wird sich in Bayern nichts verbessern und auch wird sich nichts ändern. Wer auch immer dann mit der CSU koaliert, wird gegen diese regierungserfahrene Partei mit ihren Beamten nicht ankommen. Die Isländer haben es mal fertig gebracht, die verkrusteten Strukturen aufzubrechen indem sie einen vollkommen unbekannten Politikpunk wählten. Diesen Mut werden die Bayern vermutlich nicht haben.

Jedes Versprechen vor der Wahl ist angesichts der politischen Verhältnisse eigentlich falsch. Denn niemand wird diese Versprechen einhalten können. Auf der anderen Seite habe ich bewusst auf meine Webseite das Landeswahlprogramm der Piraten gestellt. Es gibt einen Eindruck davon wie wir Piraten ticken. Tatsächlich würde aber auch genügen „Im Zuge der Digitalen Revolution aller Lebensbereiche sind trotz aller Lippenbekenntnisse die Würde und die Freiheit des Menschen in bisher ungeahnter Art und Weise gefährdet. Dies geschieht zudem in einem Tempo, das die gesellschaftliche Meinungsbildung und die staatliche Gesetzgebung ebenso überfordert wie den Einzelnen selbst. Gleichzeitig schwinden die Möglichkeiten, diesen Prozess mit demokratisch gewonnenen Regeln auf der Ebene eines einzelnen Staates zu gestalten dahin.“

Du, der Wähler, bist es, der noch etwas gestalten könnte. Du kannst die Piraten wählen. Wir könnten erst gestalten, wenn wir die Mehrheit hätten. Nach dem bayerischen Wahlsystem zählt hier tatsächlich die Erst- und die Zweitstimme für eine Person. Ich kandidiere für den Listenplatz 1 der oberbayerischen Piraten. Ich müsste 1.938.424 Gesamtstimmen in Oberbayern erreichen, was so ungefähr das tausendfache dessen wäre, was ich 2013 an Stimmen erhalten habe. 2013 waren es  3.168.232 Wahlberechtigte.. Oder es müssten sich  669.629 Oberbayern mit der Zweitstimme für mich entscheiden und für den Listenzweiten dann 105.386  Oberbayern usf. In Bayern zählen die Gesamtstimmen zum Wahlergebnis. Problem allerdings dabei wäre, würden die Oberbayern so verrückt sein, das zu tun hätten wir Piraten zu wenig Kandidaten gefunden und aufgestellt. Wir würden dann nämlich bei solch einem Stimmergebnis 33 Sitze im bayerischen Landtag bekommen, haben aber nicht so viele aufgestellt. Bei der Landtagswahl in Berlin ging uns das schon einmal so, dass wir ein Wahlergebnis hatten, dass letztlich genau die Anzahl der Kandidaten in das Parlament brachte, die wir aufgestellt hatten.

Aber wir wissen ja eh und jeder Journalist weiß das, dass der nächste Ministerpräsident Markus Söder heißt und du lieber Wähler nicht mündig genug bist eine eigene andere Wahl zu treffen. Solche Rechenspielchen also, daß die Piraten eventuell Sitze im Parlament nicht wahrnehmen können, weil sie mehr Stimmen erhalten als Kandidaten aufgestellt worden sind, eben rein akademische Rechenspielchen bleiben. Der Wähler ist so berechenbar, dass er einerseits seine CSU wählt und andererseits eine wirklich Änderung in den Gedanken der Wähler gar nicht vorkommt. Wir wissen auch, dass das Kapital der meisten Wahlplakate und der meisten Werbung gegen die ehrenamtlichen Underdogs gewinnt. Das ist so, das war schon immer so. Die Theorie, dass der Wähler die freie Wahl hat und am 14.10.2018 tatsächlich sein Kreuz einfach ganz woanders als sonst setzen könnte, ist eben nur Theorie. Wir sind soziologisch viel zu stabil für eine Revolution. Da darf die CSU auch Waschmaschinen bestellen und sich Narrenkappen aufsetzen, selbst wenn es rational überhaupt keinen Sinn macht und einfach nur eine Machtdemonstration ist. Die CSU ist sich ihrer Macht so sicher, dass sie alles tun kann. Neuerdings macht Markus Söder ja einen auf tierlieb und das zieht immer.

Wie ich schon sagte, jedes Versprechen vor der Wahl ist unseriös. Doch ich verspreche eines, sollte ich 1.938.424 Stimmen erhalten, dann werde ich „Klarmachen zum Ändern“